So sieht es der als Leitmedium geltende SPIEGEL: Die Nachricht markiere den vorläufigen Tiefpunkt in einer Affäre, die das Vertrauen in den deutschen Sicherheitsapparat in der Öffentlichkeit inzwischen gegen null sinken lässt. Mit der Nachricht ist gemeint, daß ein V-Mann des Berliner Landeskriminalamtes in den Jahren von 2001 bis 2005 insgesamt fünfmal seinen Kontaktbeamten Informationen über die sogenannte Zwickauer Zelle gab. Die Landeskriminalisten zogen es allerdings vor, auf diesen Informationen sitzen zu bleiben. An die Thüringer Zielfahnder, die seit der Aushebung einer Bombenbau-Werkstatt in einer Garage auf Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe angesetzt waren, gingen sie jedenfalls nicht.

Bei dem V-Mann handelt es sich um einen inzwischen 44-jährigen, der vor allem in der Zeit um 2000 in der Skinhead-Szene eine bedeutende Rolle spielte und Böhnhardt und Mundlos nebenbei etwa ein Kilo TNT lieferte. Daß er selbst allerdings wegen Unterstützung einer möglichen terroristischen Vereinigung belangt wird, ist eher unwahrscheinlich – nach mehr als zehn Jahren ist diese Tat verjährt.

Insbesondere bei türkischen Bewohnern der BRD wird da wohl langsam der Verdacht unausrottbar, daß es beileibe nicht zwei oder drei isolierte Täter mit allenfalls einem winzigen Kreis für sie vertrauenswürdiger szenischer Unterstützer waren, die mordend durch die Gegend gezogen sein sollen, sondern daß diese staatliche Unterstützung hatten. Ein Kommentator meinte sinngemäß, das einzige, was noch fehle, sei, daß Mundlos und Böhnhardt von der GSG 9 trainiert worden seien und sich zweimal die Woche mit dem Innenminister persönlich zum Kaffeetrinken getroffen hätten, um die nächsten Aktionen zu besprechen.

Solche Vorgänge sind in der BRD übrigens nicht unvorstellbar. Im Jahre 1968 trafen sich zwei Abgesandte der 1956 vom Bundesverfassungsgericht verbotenen KPD mit dem damaligen Justizminister Gustav Heinemann und seinem Staatssekretär Horst Ehmke, um in freundschaftlicher Atmosphäre die Neugründung der KPD unter dem geringfügig geänderten Namen DKP zu erörtern. Dabei gingt es zwar nicht um Mord, aber immerhin auch um die Umgehung eines Verfassungsgerichtsbeschlusses und einen Verstoß gegen § 84 Strafgesetzbuch, der die Fortführung von für verfassungswidrig befundenen Parteien bei Strafandrohung verbietet….

Von einer eindeutigen Staatsferne der sogenannten Zwickauer Zelle kann man also immer weniger ausgehen, egal, ob es nun gemütliche Kaffeerunden in welchem Ministerium auch immer gegeben hat…

Dafür rollen wenigstens weiterhin politisch Köpfe – sinnbildlich. Der Präsident des Sachsen-Anhaltinischen Landesamtes für Verfassungsschutz ist zurückgetreten. Ansonsten hat der Bundesgerichtshof den Haftbefehl gegen die seit zehn Monaten inhaftierte Beate Zschäpe erneuert bzw. verlängert, wobei der interessierten Öffentlichkeit mitgeteilt wurde, daß der Prozeß gegen sie im Herbst beginnen solle.

Interessant wird, ob dieser Prozeß oder die mehreren Untersuchungsausschüsse in Sachen NSU zuerst neue Fakten hervorbringen wird.

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