Zumindest im Land Bayern ist der NPD die Mitgliedschaft eines Funktionsträgers bei der Motorrad-Gang „Bandidos“ auf die Füße gefallen. Sascha Roßmüller, stellvertretender Landevorsitzender und vormals zeitweilig auch Mitglied des Bundesvorstandes, wurde verhaftet. Der Tatvorwurf: er soll vor vier Jahren in eine Schlägerei mit Mitgliedern einer konkurrierenden Gang verwickelt gewesen sein. Zwei der Gegner wurden dabei durch Stiche beziehungsweise Schnitte mit Messern verletzt.
Das Erittlungsverfahen gegen Roßmüller war bereits eingestellt, weil die Beteiligten – einschließlich der Opfer – eisern schwiegen. Jetzt aber will die Staatsanwaltschaft neue Erkenntnisse über Roßmüllers Beteiligung haben. Vielleicht war es dann auf die Dauern mit dem eisernen Schweigen doch nichts?
Die Verhaftung des NPD-Funktionärs fand im Rahmen einer Razzia statt, bei der zwanzig Objekte in Süddeutschland durchsucht wurden. Außer ihm kam noch eine Handvoll weiterer Rocker in Haft. Bei der Razzia sollen Waffen, Drogen und größere Mengen verschreibungspflichtige Medikamente gefunden worden sein. Inwieweit Sascha Roßmüller mit denen irgendwas zu tun hatte oder ob er ausschließlich wegen des Vorgangs aus dem Jahre 2010 verhaftet wurde, ging aus den bisherigen Medienmeldungen nicht klar hervor.
Die Verhaftung seines Vizes bewog den Landesvorsitzenden Karl Richter zum Rücktritt vom Amt; auch die andere stellvertretende Landesvorsitzende, Sigried Schüßler, legte ihr Amt nieder. Richter erklärte in einer Pressemitteilung, er ziehe damit nicht nur die Konsequenzen aus dem Umstand, daß unter seiner Führung im Landesverband Spitzenpersonal nicht den selbstgestellten Ansprüchen der Partei genüge. Sondern mehr noch, es handele sich um eine nicht endende Serie hausgemachter Katastrophen, mit deren Verantwortlichen er nicht länger in einem Atemzug genannt werden wolle. Namentlich nannte er dabei die Affären um den vormaligen Parteivorsitzenden Holger Apfel sowie um den Thüringer Landeschef und vormaligen Bundesorganisationsleiter Patrick Wieschke.
Eine kleiner Widerspruch dazu könnte sein, daß Karl Richter bisher noch nicht als stellvertretender Bundesvorsitzender zurückgetreten ist. Da die Angelegenheiten Apfel und Wieschke sich nicht in Bayern abgespielt haben, wäre ein solcher zusätzlicher Rücktritt eigentlich nur konsequent. Aber vielleicht meint Richter, daß er das gar nicht nötig hat: Er braucht einfach beim nächsten Bundesparteitag nicht noch einmal anzutreten. Und dieser Bundesparteitag soll – wenn die NPD denn einen Saal findet – noch im November dieses Jahres stattfinden.
Unabhängig von Karl Richters Entscheidung bezüglich des noch von ihm innegehabten Amtes als stellvertretender Bundesvorsitzender der NPD könnte die Angelegenheit Roßmüller durchaus auch auf der Bundesebene weitere Konsequenzen haben. Denn einer der Kandidaten um den Vorsitz, Pressesprecher Frank Franz, hatte sich vorher schon erklärt, daß er Roßmüller gern als Vize in dem dann von ihm bestimmten Vorstand haben würde. Die aktuelle Entwicklung könnte Frank Franz‘ Chancen, sich in einer Kampfabstimmung gegen welchen Konkurrenten auch immer durchzusetzen, natürlich schmälern.
Die Mitgliedschaft von Sascha Roßmüller – zudem als Schriftführer des örtlichen „Chapters“ – bei den Bandidos war npd-intern schon mehrfach Auslöser von Kontroversen. Besonders der Aktivist Thomas Wulff sprach sich vehement dagegen aus, daß Mitglieder von Rockergangs in der NPD Funktionen übernehmen dürften; weil Roßmüller damals im Bundesvorstand gewesen war und der Bundesvorstand keine Konsequenzen ergriffen hatte, war Wulff seinerseits als Bundesvorstandsmitglied zurückgetreten. Er stand mit seiner Meinung nicht allein, auch wenn andere sich aus Gründen der sogenannten Parteidisziplin in der Öffentlichkeit mit Äußerungen deutlicher zurückgehalten haben als Wulff.
Auch hierfür findet Karl Richter offene Worte. Er sprich davon, daß Charakterlumpen in der Führung immer neue negative Schlagzeilen produzieren. „Und alle halten zusammen, und jeder, der den Finger in die offene Wunde legt, wird von den sauberen Herrschaften ärger bekämpft als jeder politische Gegner.“
Richter nennt das „erbärmlich“. Wobei man ihm ja wohl schlecht widersprechen kann.
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