Jo mey, is denn scho Weihnachten?

Nein, auf Weihnachten werden wir noch mehr als drei Monate warten müssen, und auch das leckere Spekulatius-Gebäck gibt es wohl nicht vor dem November, passend zur Adventszeit.

Der Begriff „Spekulatius“ wird eher in Medienkreisen ein wenig umgedeutet: Er beschreibt einen Artikel oder eine Kampagne, die auf reiner Spekulation beruht und auf nichts sonst.

So etwas hat am Wochenende der SPIEGEL losgetreten, zuerst online, dann natürlich ab Montag möglichst verkaufsfördernd für seine Druckauflage. Da wird aus einem „internen“ Papier des Bundeskriminalamtes zitiert. Und was man zu lesen bekommt, klingt dramatisch. Um nicht zu sagen: melodramatisch. Nämlich ungefähr so: „Es ist mit fremdenfeindlichen Anschlägen von Einzeltätern oder auch Tätergruppen zu rechnen.“ Dabei kommen Körperverletzung mit Todesfolge ebenso infrage wie Brandanschläge (beispielsweise auf Asylbewerberheime). Sogar gezielte Tötungen (man nennt so was eigentlich Mord) seien nicht auszuschließen. Solche Angriffe müßten sich nicht zwingend nur gegen Ausländer richten, sondern könnten auch Personen des öffentlichen Lebens treffen, Politiker, Polizeibeamte oder sonstige Repräsentanten der BRD. Auch jüdische Einrichtungen seien mögliche Zielobjekte.

Der momentan erhöhte Strafverfolgungsdruck wegen der Ermittlungen gegen den NSU könnte laut BKA Anschläge provozieren. Befürchtet wird, „in die Enge getriebene rechtsextremistische Einzeltäter oder Kleingruppen“ könnten eben wegen diese nach Ansicht des BKA beengten Situation ihre „Handlungsfähigkeit“ durch Gewalt unter Beweis stellen wollen.

Wenn man mal davon absieht, daß legal gesehen der Staat das Monopol auf Gewalt hat, mag es zeitweilig eher erscheinen, als wolle er sich durch gewaltsame Maßnahmen wie Verbote, Razzien und Massenverhaftungen selbst beweisen, daß er „handlungsfähig“ sei. Man sollte also nicht immer von sich auf andere schließen.

Bemerkenswert aber ist, wenn der SPIEGEL auf der Basis angeblicher oder tatsächlicher BKA-Informationen meldet, es gäbe außer dem medial sattsam bekannten Verfahren gegen den „NSU“ (=“Nationalsozialistischen Untergrund“) gleich noch zwei weitere, aktuell eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Gründung von terroristischen Vereinigungen. Klingt ein bißchen nach amerikanischer Verkaufsstrategie: „Buy two, get three!“ (Kaufe zwei, bekomme drei!)

Mißlich an dieser richtig reißerischen Meldung ist: Das angeblich interne BKA-Papier ist bereits vom Juli. Jetzt, im September, also schon zwei Monate alt. Ist also nichts mit „aktuell“. Oder man hat beim SPIEGEL andere Vorstellungen von „aktuell“ als bei den meisten normalen Menschen. Und befremdlich ist auch, daß von diesen angeblichen Ermittlungen wegen gleich zwei terroristischen Vereinigung bisher niemand etwas weiß. Keine Razzien, keine Verhaftungen oder so was in der Richtung. Das ist eher untypisch.

Scheint also, als wollte da mal nur wieder irgendwer heiße Luft absondern. Zu welchem Zweck, bleibt unklar. Ob das BKA, um zu beweisen, daß es noch existiert, oder der SPIEGEL, um ein paar tausend mehr Exemplare zu verkaufen. Mehr als das braucht man dahinter nicht zu sehen.

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