von Christian Worch
NRW-Innenminister Reul beklagt sich bei der Vorstellung des 2018-er Landes-Verfassungsschutzberichts: „Rechtsextremismus wird salonfähig. Diese Leute radikalisieren sich mehr und mehr“, so Reul. Parteien und Gruppen wie ‚Die Rechte‘, ‚Der dritte Weg‘, Identitäre oder Reichsbürger verfolgten das Ziel, ihre Themen in der Mitte der bürgerlichen Gesellschaft zu platzieren. Die Gefahr bestehe, so Reul, daß die braune Ideologie dieser Gruppen entgrenzt und rechtsradikale Gedanken wieder salonfähig werden.“
Ja, ist das denn ein Wunder?! Seit dem Mauerfall vor jetzt fast dreißig Jahren erleben wir eine ständige Verschiebung der gesamten BRD-Gesellschaft nach links. Ein vormaliger Polizistenprügler – zeitweilig sogar verdächtig, in mörderischer Absicht einen Molotow-Cocktail auf ein bemanntes Polizeifahrzeug geworfen zu haben – war Vizekanzler und Bundesaußenminister. Frühere Angehörige militanter K-Gruppen wie Jürgen Trittin oder maoistische Aktisten wie Winfried Kretschmann sind ministeriabel. Bundestagspräsidenten sind sich nicht zu gut, an illegalen Sitzblockaden teilzunehmen. Sogenannter Antifaschismus steht zwar (noch) nicht in der provisorischen Verfassung der BRD, dem Grundgesetz, ist inzwischen aber eine wenigstens inoffizielle Staatsdoktrin. Was vor dreißig oder geschweige denn vierzig, fünfzig, sechzig Jahren Standpunkte der politischen Mitte waren, gilt inzwischen bestenfalls als „rechtspopulistisch“, eher noch als rechtsextrem.
Mitte und gesunder Menschenverstand verschwinden aber nicht von selber, trotz aller Indoktrination einer Medienlandschaft, die inzwischen ebenso gleichgeschaltet wirkt wie die des Dritten Reiches oder der SED-beherrschten ehemaligen DDR.
Als wir vor jetzt etwas über sieben Jahren die Partei DIE RECHTE gründeten, unterhielt ich mich mit einem Journalisten, der in jungen Jahren auch einer militanten K-Gruppe angehört hatte. (Eigentlich ein purer Zufall, daß wir in den späten 70-er oder frühen 80-er Jahren in Hamburg nicht persönlich bei irgendeiner Straßenschlacht aufeinander eingeprügelt haben.) „Ist doch klar“, kommentierte er, „wo es eine Linke gibt, muß es auch eine Rechte geben.“ Er sagte es nicht offen, aber es schwang darin der Grundgedanke mit: Wo soll denn sonst ein Gleichgewicht herkommen?
Die von Herrn Reul als bedrohlich an die Wand gemalte Salonfähigkeit ist ein Fakt. Zumindest, wenn man mit normalen Menschen spricht und nicht mit Angehörigen des politischen Establishments, die weltfern in ihrer eigenen Blase leben. Gingen sie statt in angesagte Bars zum Champagnercocktail auf ein Bier in eine Arbeiterkneipe, könnten sie hin und wieder Sprüche hören wie: „Es müßt‘ halt mal wieder ein kleiner Adolf her“, und vielfach ganz ohne zwanghafte politische Korrektheit ergänzt mit: „Nur halt die Juden dürft‘ er nicht vergasen, und einen Krieg anfangen sollt‘ er auch nicht.“
Von dem berühmten Kalifen Harun ar-Raschid erzählen die Geschichten, er hätte die Angewohnheit gehabt, als einfacher Mann verkleidet, inkognito, durch seine Stadt Bagdad zu gehen und dem normalen Volk zuzuhören, damit er wisse, was sie denken, und seine Herrschaft nach den Bedürfnissen der von ihm Beherrschten auszurichten. Kluger Kerl. Herrn Reul wäre zu empfehlen, von dem mal ein bißchen zu lernen.
Bild: Petra Klawikowski / Wikipedia
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