In letzter Zeit zeigt der Staat sich stark; zumindest vermeintlich. Da wurden Rockergruppen verboten, wobei es im Sinne der Gerechtigkeit die berüchtigten „Hells Angels“ ähnlich oft traf wie die nicht weniger berüchtigten „Bandidos“. Und dann ging man auch gegen fundamental-islamistische Salafisten vor, vor allem wohl wegen deren öffentlichen Koranverteilungen und wegen Morddrohungen gegen Angehörige der anti-islamistischen „Pro-Bewegung“.

Natürlich darf bei alledem nicht vergessen werden, wo für den bundesrepublikanischen Staat der Hauptfeind steht. Rechts nämlich.

Also paßt es ins Bild, daß Brandenburgs Innenministe Woidke eine der Öffentlichkeit bisher weitgehendst unbekannte Gruppe namens „Widerstandsbewegung in Südbrandenburg“ verbot und mit dem Vollzug des Verbots zugleich eine Razzia durchführen ließ. Der Aufwand – 260 Polizeibeamte – war dabei ein wenig geringer als bei Rockern oder Salafisten, bei denen jeweils rund tausend Beamte aufmarschierten, oftmals bis hin zu Sondereinheiten wie der GSG 9.

Wer tatsächlich gemeint war, wird aus der Presseerklärung des Innenministeriums deutlich. Dort heißt es: „Der verbotenen Vereinigung zuzuordnen sind u.a. die Websites xxx.spreelichter.info und xxx.werde-unsterblich.info.“

Mit anderen Worten: Gemeint waren „Die Unsterblichen“.

Wer aber sind diese sogenannten „Unsterblichen“?

Sie fallen durch Aktionen auf, die ziemlich im Rahmen dessen liegen, was Gabriele d’Annunzio kurz nach dem Ersten Weltkrieg in Italien als „Faschistische Ästhetik“ gewissermaßen erfunden hat. (d’Annunzio war Dichter und Bühnenautor, bevor er in relativ späten Jahren politischer Aktivist wurde. Also ein Mann, der eine besondere Ader für Kunst und Ästhetik hatte.)

Vermeintlich spontane (tatsächlich wohl eher gut vorbereitete) Aufmärsche finden nach immer dem gleichen Muster statt. Die mehrere Dutzend oder manchmal auch deutlich über hundert Teilnehmer kommen bei Dunkelheit wie aus dem Nichts zusammen; auch die berüchtigten V-Männer des Verfassungsschutzes haben vom Wann und Wo offenbar vorher keine Ahnung. Die Teilnehmer sind in schwarz gekleidet und tragen weiße Masken, die ein wenig an die blutleeren Gesichter von Toten erinnern. Sie haben Fackeln bei sich und entzünden bisweilen bengalische Lichter, was recht stimmungsvoll wirkt. Die Aufmärsche werden üblicherweise beendet, bevor die Polizei eintrifft; also dauern sie nur wenigen Minuten oder eine Viertelstunde oder in abgelegeneren Gegenden allenfalls einmal eine halbe Stunde. Dann sind die Teilnehmer wieder weg, scheinbar in dem Nichts verschwunden, aus dem sie gekommen zu sein scheinen.

Die Zahl direkter Augenzeugen solcher Veranstaltungen ist meist gering. Aber „die Unsterblichen“ setzen moderne Medien geschickt für ihr Anliegen ein. Die Aktionen werden gefilmt und finden auf Kanälen wie „YouTube“ ein großes Publikum.

Daher sind „die Unsterblichen“ den Behörden offenbar ein Dorn im Auge. Eine kleine, in sich geschlossene und daher unkontrollierbare Bewegung, die mit ästhetischen, ja, künstlerischen Mitteln auf sich aufmerksam macht.

Da das Tragen von Masken bei Demonstrationen in Deutschland verboten ist, hat es in den letzten Monaten verstärkt Durchsuchungsaktionen gegen tatsächliche oder vermeintliche Teilnehmer solche Aufmärsche gegeben. Manche fanden interessanterweise erst rund ein halbes Jahr nach einer konkreten Aktion statt, und das wegen eines Bagatelldelikts (Verstoß gegen das Versammlungsgesetz), so daß man sich fragt, ob ein solcher Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung noch vom Strafprozeßrecht gedeckt ist. Aber nicht nur der ehemalige bayerische Ministerpräsident Beckstein ist wohl der Meinung, daß man beim „Krampf gegen rechts“ manchmal weiter gehen darf, als die Verfassung eigentlich hergibt…. Da fragt man sich dann schon, WO denn überhaupt die Verfassungsfeinde sitzen; unter den weißen Masken oder eher in Amtsstuben und Ministerien?!

Die Razzia ist für die Betroffenen natürlich lästig; es werden wieder mal ein paar Dutzend Computer beschlagnahmt worden sein, und einen kriminalisierenden Effekt hat es ja wohl auch, wenn morgens bewaffnete Polizisten vor der Tür stehen, als gelte es, eine Drogenhöhle oder einen Geldfälscherring oder sonstige Schwerkriminelle auszuheben.

Ob die Unsterblichen damit tot sind, mag allerdings als zweifelhaft gelten. Die vom Innenministerium gesondert genannten Netzseiten sind nach wie vor aufrufbar. Das mag daran liegen, daß sie auf „Punkt-info“ enden. Diese Endung legt den Verdacht nahe, daß sie nicht in der BRD gehostet sind, sondern beispielsweise in den Vereinigten Staaten von Amerika, wo man der Meinungsfreiheit bekanntlich einen erheblich höheren Stellenwert einräumt als in der BRD.

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