Beispielloses ereignete sich im Vorfeld der gestern in Griechenland gehabten Parlamentswahlen. Nach dem Schock des letzten Durchgangs, der zu keiner regierungsfähigen Mehrheit geführt hat, wurden die Griechen jetzt aus fast allen Ecken und Winkeln Europas ermahnt. Sie mögen gefälligst eine kooperationsbereite Regierung wählen; anderenfalls gäbe es ein Geld aus dem „Rettungsschirm“.

Man nennt das wohl Erpressung und Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates. Sofern Staaten, die sich dem Brüsseler Diktat unterwerfen, überhaupt noch als souverän angesehen werden. Daran zweifelt seit der Aufgabe bundesdeutscher Währungshoheit sogar das Bundesverfassungsgericht…

Die Erpressung, pardon, die Ermahnung hat gefruchtet. Die Nea Dimokratia gewann bei zehn Prozent hinzu. Fast die gleichen Gewinne machte auch ihr Hauptkonkurrent, die Syriza. Diese lag allerdings noch immer ein kleines Stück hinter den „Neuen Demokraten“. Ein bedeutsamer Umstand, denn aufgrund einer einmaligen Besonderheit des griechischen Wahlrechts beommt die stärkste Partei zu ihrem prozentualen Ergebnis fünfzig weitere Sitze geschenkt. (Ob Angela Merkel wohl davon träumt, es gäbe bei uns ein ähnliches Gesetz?)

Von der Sitzverteilung her könnten also „Nea Dimokratia“ und die sozialdemokratische „Pasok“ eine Regierung bilden, die über eine Mehrheit von 162 der 300 Abgeordneten verfügt. In Prozenten allerdings stehen sie mit 43 gegen 52. (Die restlichen 7 Prozent entfallen auf Splitterparteien, die an der 4-Prozent-Hürde gescheitert sind.)

Das findet man wohl nicht allein in dem Land, das in der Antike der Ursprung der Demokratie war, bedenklich.

Der Chef der Sozialdemokraten möchte daher die größe Oppositionspartei Syriza mit im Boot haben, um eine Mehrheit zu haben, die nicht allein aufgrund wahlrechtsmäßiger Besonderheiten zustandegekommen ist, sondern die wirklich von einer breiten Mehrheit des Volkes legitimiert ist.

Das aber ist sehr fraglich. Und so kann es den Griechen passieren, daß sie bald schon wieder an die Urnen gerufen werden.

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