Die USA waren die ersten, die das damals unter Gaddafis Herrschaft stehende Libyen bombardierten, um eine Flugverbotszone durchzusetzen. Was letztlich dazu führte, daß auch Panzer des damaligen Regimes bombardiert wurden, obwohl diese Kettenfahrzeuge eine Flugtauglichkeit von null haben.

Dank dieser Unterstützung durch erst die USA und später die NATO war es den libyschen Rebellen möglich, den langjährigen Machthaber zu stürzen (und zu ermorden), um ihrerseits an die Macht zu kommen.

Gestern gab es die – bisher! – letzten vier Todesopfer dieser fragwürdigen Libyen-Kampagne. Der amerikanische Botschafter in Bengasi und drei seiner Mitarbeiter starben, als ein aufgebrachter Mob die US-Botschaft stürmte.

Grund hierfür war ein in den USA gedrehte Film über den Propheten Mohammed. Schon seit dem Juli kursiert ein vierzehnminütiger Ausschnitt daraus auf dem Internet-Kanal YouTube. Darin wird der Prophet als Trottel, Frauenheld, Homosexueller, Kinderschänder und gieriger und blutrünstiger Räuber dargestellt. (Daß jemand einerseits Frauenheld und andererseits homosexuell sein soll, ist allerdings eine etwas merkwürdige Kombination. Nicht unmöglich, aber zweifellos selten.)

Gemacht haben soll den Film ein bisher nicht sonderlich bekannter Autor, Regisseur und Produzent namens Sam Bacile, der nach einem Bericht des Wall-Street-Journals sowohl die us-amerikanische als auch die israelische Staatsbürgerschaft hat. Zur Produktion des rund zweistündigen Filmes soll er von etwa hundert jüdischen Spendern den Betrag von fünf Millionen US-Dollar gesammelt haben. Obwohl der Filmausschnitt seit rund zwei Monaten kursiert, wurde die islamische Welt auf ihn offenbar erst aufmerksam, als der us-amerikanische Geistliche Terry Jones sich für ihn einsetzte. Jones fiel schon einmal damit auf, daß er androhte, Exemplare des Korans zu verbrennen. Das löste in der islamischen Welt gewalttätige Proteste aus, und auf Bitten amerikanischer Behörden nahm Jones von seinem Vorhaben Abstand.

Wenn dieser Film von Produzent Bacile provozieren sollte, hat er sein Ziel ersichtlich erreicht.

Außer in Bengasi gab es auch gewalttätige Proteste in Kairo; die dortige US-Botschaft wurde gestürmt, allerdings kam niemand zu Tode.

US-Außenministerin Hilary Clinton zeigte völliges Unverständnis darüber, daß ein solcher Vierfachmord ausgerechnet in Bengasi geschehen sei, in dem Land, das die USA von Gaddafi zu befreien geholfen hätten, in der Stadt, die sie vor Gaddafis Panzern geschützt habe.

Mrs. Clinton übersieht dabei den kleinen Umstand, daß Krieg und Bürgerkrieg nun einmal die Eigenschaft haben, Menschen zu verrohen. Und mehr noch, die US-Außenministerin übersieht, daß zwar etliche Libyer den etwas exzentrischen Herrscher abgesetzt sehen wollten, aber die dabei mitwirkenden westlichen Staaten damit noch lange nicht zu ihren Freunden wurden.

Um so mehr dürfte dies für Islamisten gelten. Denn diese erinnern zweifellos, worüber Medien wie der SPIEGEL gerade erst vor sechs Tagen berichtet haben: daß in früheren Jahren die CIA, bisweilen in Kooperation mit dem britischen Geheimdienst MI6, vielfach islamistisch ausgerichtete Gaddafi-Gegner nach Libyen ausgeliefert habe, um im Gegenzug vom libyschen Geheimdienst Informationen zu erlangen. Folter der Betroffenen wurde dabei stillschweigend in Kauf genommen.

Manche dieser Männer haben inzwischen höhere Positionen in der neuen libyschen Regierung. Es steht zu vermuten, daß deren Mitleid für den Tod amerikanischer Diplomaten sich in Grenzen hält.

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