Zweieinhalb Tage tobten sich die selbsternannten Qualitätsmedien heftig über die Ereignisse vom 26. Oktober 2014 in Köln aus. Die Rede war von einer „neuen Dimension“ der Gewalt und so weiter und so fort; vereinzelte Politiker schrien nach Einschränkungen des Demonstrationsrechts, mindestens aber nach dem Verbot weiterer Demonstrattionen der HOGESA.

Wir lassen mal Fragen außen vor wie die, ob die Einkesselung tausender Menschen auf dem Breslauer Platz rechtswidrig war. (Da gab es doch mal ein Urteil über den Hamburger Kessel, nicht wahr?!) Wir lassen auch die Frage außen vor, ob die 44 bis 49 verletzten Polizisten (über die exakte Zahl sind sich die Medien wohl noch nicht einig) mindestens zu einem guten Teil vielleicht durch das eigene, in der Bahnhofshalle reichlich versprühte Pfefferspray verletzt worden sind. Nein, wir ziehen einfach mal einen Vergleich zu einem relativ naheliegenden Datum, dem 1. Mai 2014.

Da haben sich am Tag danach in Berlin Innensenator Kandt und Polizeipräsident Henkel zufrieden geäußert. Und die Polizeigewerkschaft reagierte mit einer geradezu ungewöhnlich begeisterten Pressemitteilung. Fünf Polizisten wurden in der Nacht in Berlin schwer verletzt und mußten mindestens über Nacht im Krankenhaus bleiben. (In Köln gab es nur Leichtverletzte; drei von ihnen mußten ambulant behandelt werden, konnten danach aber entlassen werden.) Weitere 56 Beamte meldeten in Berlin leichte Verletzungen. (Also erkennbar mehr als in Köln!) Es wurden 65 Menschen festgenommen. In Köln wurden 17 Menschen festgenommen.

SPD-Landesvorsitzender Jan Stöß äußerte: „Ich bin froh über den friedlichen 1. Mai in diesem Jahr.“

Fällt niemandem diese Ungereimtheit auf?

Oh doch. In jenen Qualitätsmedien, die ihre Kommentarspalten zu entsprechenden Artikeln nicht gleich geschlossen haben, wie SPIEGEL ONLINE, findet man neben dumpfen Parolen irgendwelcher Gutmenschen, für die wahrscheinlich auch Konrad Adenauer ein Nazi war, die Frage, warum nach Krawallen von Linksextremisten oder beispielsweise unlängst in Hamburg von Moslems gegen kurdische Demonstranten kein ähnlicher Sturm der Empörung durch den Blätterwald rauscht wie nach einer anfangs durchaus friedlichen Versammlung von „Hooligans gegen Salafisten“, die erst von Türken und Linksextremisten provoziert wurde und dann richtig aus dem Ruder lief, als die Polizei mit mutmaßlich rechtswidrigen Methoden (Einkesselung) tausende von Leuten, die keinen Krawall wollten, sondern nur die Heimreise antreten, schikanierte.

Und deshalb hat das Toben offenbar fast schlagartig nachgelassen. Es scheint ein paar Redakteuren bewußt geworden zu sein, wie weit sie sich aus dem Fenster gelehnt haben. Und wer so weit rüberhängt, kann auch schon mal rausfallen. Prager Fenstersturz, diesmal selbstgemacht.

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