Die Euro-Krise führt nicht nur zu einer Geldschöpfung beachtlichen Ausmaßes, sondern auch zu Sprachschöpfung. Oder dazu, daß bestehende Wörter plötzlich eine völlig neue Bedeutung bekommen. Das alles, um dem Euro-Volk die teilweise noch nicht einmal von den Fachleuten verstandenen Mechanismen ein wenig zu verdeutlichen.
Da war zeitweilig von Bazooka die Rede. Das konnte der militärisch halbwegs gebildete Mensch sich gerade eben ja noch vorstellen: der kleine Raketenwerfer mit der großen Feuerkraft. Lustiger schon wurde es mit Hebeln. Wie soll man vorhandenes Geld hebeln, fragte sich da der Normalverbraucher. Wenn er es mit seinem von der Kaufkraft her immer geringer werdenden Einkommen versucht, funktioniert es irgendwie nicht. Und auch den Euro in den Daddel-Automaten zu stecken führt eher dazu, daß der vollständig verschwindet, als daß er sich verdoppelt oder gar vervierfacht.
Bei Staaten ist das natürlich gaaaaanz anders. Vielleicht haben sie den berühmten Hebelpunkt des Archimedes, von dem der geniale Ingenieur der Antike sagte: „Gebt mir einen Hebelpunkt, und ich hebele die Welt aus den Angeln.“
Theoretisch möglich. Vorausgesetzt, die Welt ist trotz idealen Hebelpunktes nicht so schwer, daß der Hebel einfach knack macht und sich in zwei Hebel verwandelt, deren Hebelwirkung, weil kürzer, dann nicht mehr so richtig reichen mag….
Die Euro-Länder wollen jetzt den „Rettungsschirm“ ESM von einer halben Billion auf zwei Billionen „hebeln“. Das soll so funktionieren wie beim Vorläufer EFSF. Kurz gesagt: Die Länder übernehmen mit ihrer Garantiesumme von einer halben Billion die hochriskanten Anlagen; der niedriger riskante Teil wird von privaten Gläubiger gestemmt. „Gestemmt“ ist dabei auch ein schönes Wort, weil es so gut mit „Hebel“ korrespondiert.
Nur hat’s bei EFSF nicht funktioniert. Da fanden sich trotz des „niedrig riskanten“ Aspekts der zu „stemmenden“ Gelder keine privaten Gewichtheber oder sonstigen Schweratlethen, die das übernehmen wollten.
Was also berechtigt denn überhaupt zu der Annahme, daß es diesbezüglich beim eigentlichen Rettungsschirm ESM besser läuft?
Um beim schönen Beispiel vom Hebel zu bleiben: Der beste Hebel nützt nicht viel, wenn sich nicht einer oder besser noch mehrere Arbeitsmänner finden, die ihn zur Hand nehmen und damit fleißig stemmen, am besten noch mit einem fröhlichen „frisch voran!“ auf den Lippen.
Aber selbst das wäre noch nicht einmal eine Garantie, wenn der Hebel selbst dann den unerbittlichen Gesetzen seiner eigenen inneren Physik gehorcht und knackt und letztlich bricht.
Daß das griechische Defizit sich gerade als um 20 Milliarden höher erwiesen hat als zuvor gedacht, ist für solche Vorhaben auch nicht wirklich hilfreich.Die Herren gelangen langsam ans Ende ihres Lateins.
Klassisch gebildete Humanisten könnten aushelfen. In diesem Bildungszweig lernt nach nach Latein als zweite Fremdsprache – Griechisch….
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