Frankreich sieht sich noch immer als die „Grande Nation“. Das hat historische Gründe. Als Europa noch der Nabel der Welt war (oder ein solcher zu sein schien), war Frankreich lange Zeit wegen seines Bevölkerungsreichstums ziemlich dominant. Sich einzugestehen, daß das nicht mehr so ist, ist natürlich ein wenig schwer. Und deshalb würde jeder patriotisch eingestellte Franzose mit Zähnen und Klauen daran festhalten, daß sein Land eben nicht nur eine, sondern die „Grande Nation“ sei.
Vielleicht ist das der Grund, warum Präsident Hollande Truppen nach Mali geschickt hat. In ein Land, das als ehemalige Kolonie vor ziemlich genau einem halben Jahrhundert von Frankreich in die Unabhängigkeit entlassen worden ist und in dem Französisch noch immer die Amtssprache ist, obwohl nur ein kleiner Teil der Bevölkerung sie beherrscht.
In Mali herrscht eine Art von Bürgerkrieg. Islamisten haben den Norden erobert, der die wirtschaftlich weniger interessante Region ist, weil hauptsächlich Steppe. Aber sie drängen nach Süden und haben die malische Armee dorthin zurückgedrängt.
Also hat der französische Präsident beschlossen, seinen ehemaligen Kolonisten Hilfe zu gewähren. Die Bundeswehr ist natürlich auch dabei, wenngleich anders als in Afghanistan nicht mit Kampftruppen, sondern vorerst nur damit, daß sie Transall-Flugzeuge für Truppenverlagerungen, Material und Nachschub zur Verfügung stellt.
Damit gibt es in der Welt einen neuen Krisenherd, und wird sind zumindest am Rande dabei, auch wenn die Zielscheibe für Gegenaktionen in erster Linie die Franzosen sind.
Und wieder einmal wird es ein asymmetrischer Krieg. Denn die Bewohner dieser exotischen Regionen haben einfach keine Lust, nach den gleichen Regeln zu spielen wie der eindeutig technologisch überlegene Westen. Nach solchen Regeln können sie nur verlieren.
Eine erste Folge des französischen Engagements in Mali war, daß in Frankreich selbst die Sicherheitsvorkehrungen hochgefahren worden sind. Wer in den letzten Jahren mal in Frankreich war, weiß, daß sie dort ohnehin recht hoch sind. Sogar ein simpler McDonalds-Imbiß in einer mittelgroßen Stadt hat abends um 21.oo Uhr einen eigenen Security-Mann. Und Mittelklassehotels werden ab Einbruch der Dunkelheit bis zur Morgendämmerung von einem Hundeführer nebst Dobermann bewacht….
Gravierender aber war, daß Islamisten in einem Nachbarland zugeschlagen haben, nämlich in Algerien, nahe der algerisch-libyschen Grenze. Dort wurde eine Fördereinrichtung für Erdgas überfallen, und es wurden 41 Geiseln als vornehmlich europäischen Ländern genommen. Die algerischen Islamisten sind ungewöhnlich gut bewaffnet. Das hängt damit zusammen, daß die NATO Libyens früheren Machthaber Gaddafi von der Macht und letztlich aus dem Leben gebombt haben, woraufhin seine Waffendepots nicht allein demokratisch legitimierten Menschenrechtsaktivisten offenstanden, sondern auch Leuten, die für „den Westen“ deutlich problematischer sein dürften.
Und die schmuggeln nicht allein Kalaschnikows, sondern auch moderne manngestützte Boden-Luft-Raketen über die Grenze nach Algerien, von wo aus sie dann auch nord-malische Islamisten erreichen oder aber algerische Islamisten, die damit internationale Konzerne auf dem Territorium ihrer Staaten angreifen.
Mit dem Einsatz in Mali wird also ein neues Faß aufgemacht, dessen Boden noch niemand sehen kann. Was in erster Linie ein Problem der Franzosen werden könnte, aber es ist nicht ausgeschlossen, daß es auch in unser Land überschwappt. Und sei es nur, daß in Deutschland lebende Islamisten künftig Croque-Imbisse als Ziel für Gegenmaßnahmen entdecken. Was bei einem asymmetrischen Krieg, der von der einen Seite mit technologischer Überlegenheit und von der anderen Seite mit religiösen Fanatismus geführt wird, nun mal nicht auszuschließen ist.
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