Opel entläßt am Stammwerk in Rüsselsheim kurzfristig hunderte Leiharbeiter, um diese durch 250 Stammbeschäftigte aus dem polnischen Opel-Standort Gliwice (ehemals Gleiwitz) und durch eine noch unbekannte Zahl von Mitarbeitern aus dem thüringischen Eisenach zu ersetzen. Eine Meldung, die exemplarisch dafür steht, wie sich manch ein Unternehmen die Zukunft vorstellt: Mit beliebig verschiebbarem „Humankapital“ und Leiharbeitern, die kurzzeitig ausgebeutet und dann weggeschmissen werden. Raubtierkapitalismus mit reiner Profitorientierung statt gesellschaftlich verantwortlichem Handeln.
Gliwice und Rüsselsheim trennen rund 800 Kilometer. 250 Polen werden somit entwurzelt und von ihren Familien getrennt, weil sich Opel davon eine bessere Produktivität und eine höhere Auslastung der Arbeitskräfte verspricht. Die Menschen werden damit zu beliebig zwischen Ländern verschiebbarem „Humankapital“ degradiert, das seine persönlichen Bindungen nach den Interessen des Arbeitgebers zu richten hat.
Am Ende sollen die Betroffenen dann noch froh sein, daß sie zumindest weiterhin eine Arbeitsstelle haben. Denn die einheimischen Leiharbeiter werden mit nur wenigen Wochen Vorwarnzeit gleich ganz auf die Straße gesetzt. Einer von ihnen faßt es treffend zusammen: „Wir sind nur gemietet – man kommt sich vor wie ein Stück Vieh.“
Seit Jahren wächst die Zahl der Leiharbeiter an. Gab es 1993 noch rund 100.000 Leiharbeiter, sorgten neoliberale Gesetzesänderungen zugunsten der Unternehmen dafür, daß sich ihre Zahl inzwischen auf nahezu eine Million verzehnfacht hat. Diese werden mit geringeren Gehältern abgespeist, haben schlechtere Arbeitsbedingungen und eine hohe Wahrscheinlichkeit, innerhalb weniger Monate wieder arbeitslos zu werden. Die Übernahme in ein festes Arbeitsverhältnis ist die absolute Ausnahme, der Großteil hangelt sich von einem Einsatzort zum anderen mit Phasen der Arbeitslosigkeit dazwischen.
Fünf Prozent der Leiharbeiter beziehen zusätzlich Leistungen der Grundsicherung, weil ihr Gehalt für die grundlegenden Lebensbedürfnisse nicht ausreicht. Ein Großteil dieser Gruppe geht einer Vollzeitarbeit nach. Der deutsche Staat subventioniert so letztendlich ausbeuterische Arbeitsverhältnisse.
Für gewissenlose Kapitalisten ist das eine wunderschöne Situation. Man zahlt Hungerlöhne, die der deutsche Steuerzahler dann gezwungenermaßen aufstockt und wenn man eine Arbeitskraft gerade nicht mehr benötigt, setzt man sie innerhalb kürzester Zeit auf die Straße, wo dann wiederum der Staat für die Zeit der Arbeitslosigkeit aufkommt, bis das nächste Unternehmen kurzfristig Arbeitskräfte benötigt.
Für den Arbeitnehmer, der oft trotz Arbeit arm ist, dem ständig Arbeitslosigkeit droht und der daher in ständiger Unsicherheit lebt, ist die Situation hingegen höchst belastend.
Im anzustrebenden zukünftigen Deutschland muß diesen Zuständen ein Ende gemacht werden. Arbeitgeber und Arbeitnehmer dürfen nicht auf verschiedenen Seiten stehen, sondern müssen als Gemeinschaft zusammenarbeiten, in der jeder für den anderen Verantwortung trägt. International agierende Unternehmen, die ihre Angestellten lediglich als austauschbares „Humankapital“ ansehen, müssen vom Staat die Grenzen aufgezeigt werden, anstatt sie auch noch versteckt zu subventionieren. Das Gemeinwohl muß immer über der Profitgier raffgieriger und gewissenloser Raubtierkapitalisten stehen!
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