Die Wahllokale haben seit fast drei Stunden geschlossen, aber mit einem ersten vorläufigen amtlichen Endergebnis ist erst gegen 23.00 Uhr zu rechnen. Vermutlich nicht wegen Unfähigkeit der Auszähler oder einer Computerpanne, sondern es könnte daran liegen, daß in anderen europäischen Ländern länger gewählt werden darf.

Aber die bisher vorliegenden Hochrechnungen dürften schon dicht genug am späteren Endergebnis liegen, um eine Einschätzung zuzulassen. Wobei uns natürlich nicht Stimmenverschiebungen zwischen den mehr oder minder austauschbaren Blockparteien interessieren, sondern nur die Ergebnisse von Parteien, die rechts der Unionsparteien verortet sind.

Eindeutiger Gewinner ist die AfD (Alternative für Deutschland) mit 6,6 Prozent. Damit liegt sie um fast zwei Prozent über ihrem Ergebnis von der Bundestagswahl im September 2013; und diese Wählerzahl hätte für einen Einzug ins Europa-Parlament auch dann noch ausgereicht, wenn das Bundesverfassungsgericht nicht erst die Fünf-Prozent-Hürde und dann die drei-Prozent-Hürde aufgehoben hätte. Kritiker der AfD wenden ein, daß in absoluten Stimmen die AfD noch unter ihrem Bundestagswahlergebnis liegt. Aber abgesehen von diesem Einzelfall: Wann interessieren absolute Zahlen die politischen Kommentatoren von Mainstream-Medien denn sonst?! Offenbar nur hier, um ein Haar in der Suppe zu finden, weil das Aufkommen einer neuen politischen Kraft als unangenehm empfunden wird. Egal, wie sehr sie sich als „nicht-rechts“ oder vielleicht sogar mal als „anti-rechts“ bezeichnet.

Bei der NPD dürfte Jubel darüber vorherrschen, daß sie es zumindest geschafft haben, einen Mann in das Europäische Parlament zu bekommen, was ihnen vorher dreißig Jahre lang verwehrt war. Nüchtern betrachtet hat aber auch die NPD verloren: Während sie bei der Bundestagswahl immerhin noch 1,3 Prozent hatte, erreichte sie jetzt nur glatt ein Prozent. Von einem Ende des langen, langsamen Sinkfluges kann also nicht die Rede sein.

Die Republikaner, die in ihren besten Zeiten mit 7,5 Prozent ins Europa-Parlament eingezogen waren (und damit seit Bestehen der BRD die einzige Rechtspartei waren, die jemals bei bei einer bundesweiten Wahl mehr als fünf Prozent geschafft hat), können sich mit 0,3 Prozent noch nicht einmal über einen einzelnen Abgeordneten freuen. Aber auch bei ihnen dürfte der Weg ins politische Nichts zumindest noch solange andauern, wie sie Geld aus der staatlichen Parteienfinanzierung bekommen…

PRO NRW wird ebenso wie die mit ihnen völlig zerstrittene „Schwesterpartei“ PRO DEUTSCHLAND nicht mal in den Hochrechnungen aufgeführt. Ob sich wenigstens die Möglichkeit, durch die Wahlteilnahme kostenlose Sendezeiten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu bekommen, auf die zeitgleichen Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen für PRO NRW ausgewirkt hat, ist zur Zeit noch unklar. In der Millionenstadt Köln hatte PRO KÖLN, die Keimzelle von PRO NRW, beim letzten Wahlgang immerhin noch ein Ergebnis von über fünf Prozent, was nicht nur als respektabel, sondern sogar als gut gelten darf. Jetzt sind sie dort offenbar auf 2,6 Prozent abgerutscht, und die zwei Stadtratsmitglieder, die sie bei einer Verfestigung des Ergebnisses erwarten dürfen, würden wohl noch nicht einmal für die Bildung einer Stadtratsfraktion ausreichen.

Welche Auswirkungen die jeweiligen Wahlergebnisse auf die jeweiligen Parteien haben werden, läßt sich im Moment natürlich noch nicht sagen. Bei Splitterparteien, vor allem rechten, sind Konsequenzen aus solchen Ergebnissen in aller Regel eher selten.

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