Erinnert sich noch jemand an den ehemaligen Vorsitzenden einer nicht mehr existenten Fraktion der FDP im Bundestag, Rainer Brüderle? Gegen den gab es vor fast genau drei Jahren einen, wie man neudeutsch sagt, „shit-storm“, weil er einer STERN-Journalistin im Gespräch an einer Hotelbar gesagt hatte, sie würde auch ein Dirndl gut ausfüllen. Was ein bayerisches Madl mit entsprechend „Holz vor der Hütt’n“ sicherlich als Kompliment gesehen hätte, stieß der Reporterin des STERN übel auf. Sexistische Anmache! – Ihr assistierte rasch eine ARD-Hauptstadtkorrespondentin, die sich an ein Gespräch mit Brüderle vor ein paar Jahren erinnerte, das „rasch auf eine schlüpfige Ebene abgeglitten“ sei. Und eine andere ARD-Hauptstadtkorrespondentin meinte, unter Kolleginnen habe der FDP-Politiker den Ruf, es sei für eine Frau „nicht zwanghaft schicklich, mit ihm zusammen allein in einem Zimmer zu sein“: (Wobei die Wortwahl „zwanghaft schicklich“ wohl eine gewisse unbeabsichtigte Komik hat.)

Peanuts, wie der Deutschbanker sagen würde! Oder auch: Ein Sturm im Wasserglas damals. Der immerhin dank medialer Aufarbeitung Brüderle in Meinungsumfragen eine Menge Prozentpunkte gekostet hat.

Was sich in der Sylvesternacht in Köln, aber auch in Hamburg und Stuttgart abgespielt hat, waren dann wohl ganze Erdnußfelder, auf die der frühere Erdnußfarmer und spätere US-Präsident Jimmy Carter sehr stolz gewesen wäre.

Zunächst einmal tobten sich in Köln vor dem Hauptbahnhof rund tausend junge Männer „nordafrikanischer“ oder „arabischer“ Herkunft aus, die unter anderem Feuerwerksraketen nicht ordnungsgemäß zündeten, sondern sie einfach auf den Boden warfen, so daß die unkontrollierten Geschosse allen Leuten zwischen den Beinen herumsausten und mindestens für gehörigen Schrecken, wenn nicht sogar für kleinere Verletzungen sorgten. Dann bewarf man sich auch gegenseitig noch mit Böllern von der herberen Sorte (wohl sogenannte „Polenböller“ oder „Kugelbomben“), wie bei einer Schneeballschlacht, aber eben doch deutlich problematischer. So problematisch, daß die Polizei sich veranlaßt sah, einen Teil des Areals zu räumen, um die Situation zu befrieden. (Zur Erstürmung von Häusern wie in Dortmund ist es dann allerdings nicht gekommen. Komisch eigentlich!)

Damit war die Ordnungsmacht wohl so beschäftigt, daß ihr im ersten Moment weit dramatischere Szenen entgingen. In aus dem U-Boot-Krieg bekannter Rudeltaktik gingen mindestens 40, wohl eher bei 100 aus fernen Landen stammende Jungmänner gezielt gegen Frauen vor, egal, ob die allein unterwegs waren, in einer Gruppe oder mit Freunden bzw. Männern zusammen. Sie wurden sexuell bedrängt, begrapscht, in einem Fall sogar vergewaltigt. Beschimpfungen wie Schlampe und dergleichen waren da wohl noch das eher kleinere Übel.

Allerdings ist nicht gewiß, ob diese massive und vielfach strafbare Form der sexuellen Anmache der Hauptzweck war oder vielleicht mehr ein Ablenkungsmanöver. Denn es wurden bei der Gelegenheit den meisten Betroffenen Handtaschen, Handies oder Geldbörsen geraubt. Wobei den Tätern offenbar recht egal war, daß der ganze Bereich videoüberwacht ist. Grad so, als hätten sie einen Persilschein in der Tasche oder eine verbindliche Zusicherung der deutschen Justiz, für Raub nicht verfolgt oder allenfalls mit einer milden Bewährungsstrafe belangt zu werden. (Zur Information für Nicht-Juristen: Es ist ein Verbrechen, das mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft wird.)

Zwischenzeitlich liegen von betroffenen Frauen 90 Anzeigen vor, und die Polizei geht davon aus, daß es da noch eine Dunkelziffer gibt und die Zahl der Opfer höher sein dürfte.

Vergleichbar waren die Szenen in Hamburg und Stuttgart, auch jeweils vor bzw. in den dortigen Hauptbahnhöfen, allerdings mit einer etwas geringeren Zahl von Tätern bzw. Opfern.

Nun ist die Empörung groß.

Wobei erstaunlich ist, daß die Medien erst einmal eine Anlaufphase brauchten, um sich überhaupt zu empören. Eine emanzipatorisch eingestellte Korrespondentin des FOCUS arbeitete dies in einem Artikel, der nach heutigen Maßstäben als mutig betrachtet werden muß, heraus. In den einschlägigen feministischen Quellen – nichts. Schweigen im Walde. Ihre logische Schlußfolgerung: Wegen der Identität der kulturfremden Täter wollte wohl lieber niemand in ein Fettnäpfchen treten und den Rassismus-Vorwurf riskieren…

Aber, wie diese Frau Kelle gleichfalls richtig herausgearbeitet hat: Solche Dinge lassen sich in Zeiten sozialer Netzwerke nicht mehr durch Ignorieren Seitens der Medien unter den Tisch kehren. Sie verbreiten sich. Und sorgen dafür, daß das Vertrauen in die Ausgewogenheit und Wahrhaftigkeit der Presse noch geringer wird, als es ohnehin schon ist.

Nun sah sich dann auch die offizielle Politik zu einer Reaktion veranlaßt, und, ihr folgend, dann auch die Medien zu einer verstärkten Berichterstattung.

Besonders glanzvoll drückte es der NRW-Innenminister (Nazi-)Jäger aus; neben seinem Abscheu (den man ihm glauben kann oder nicht, wie man möchte), verlangte er auch rigides Vorgehen gegen solche Mißstände; das sei man sowohl den betroffenen Frauen schuldig als auch – hört! Hört! – jenen Flüchtlingen, die nur friedlich unter uns leben wollten.

Bei einem solchen Statement hört man die Sorge heraus, daß immer mehr Menschen aufwachen und den Zustrom von kulturfremden Menschen (zu mindestens zwei Dritteln junge Männer!) nicht mehr als Bereicherung betrachten, sondern als Bedrohung. Und daß die Schreckgespenster der etablierten Politik, PEGIDA, AfD oder sogar die anscheinend ein wenig in der Versenkung verschwundene NPD weiteren Zustrom bekommen könnten.

Gutmenschen hatten natürlich nichts anderes zu tun, als in Köln eine Demonstration zu machen. Gegen sexuelle Übergriffe – und gegen Rassismus! Ein netter Ausdruck von Hilflosigkeit.

Köln – und Hamburg und Stuttgart! – haben das Potential, ein Umdenken immer breiterer Bevölkerungskreise bezüglich der Zuwanderung bzw. der Flüchtlingsflut zu bewirken. Klar, daß sowohl das politische Establishment als auch die Medien davor Angst haben.

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