Versuchskaninchen

Manchmal sind sogar Spitzenpolitiker ehrlich. In dem Fall sprechen wir von Olaf Scholz, dem Spitzenkandidaten der SPD, die nach aktuellen Meinungsumfragen ihre größten Konkurrenten CDU/CSU und GRÜNE offenbar überflügelt, so daß der gute Mann durchaus Chancen haben könnte, nächster Kanzler der Republik zu werden.

Dieser mögliche Kanzler in spe wollte für Corona-Impfung werben. NTV zitiert ihn wörtlich folgendermaßen: „50 Millionen sind jetzt zweimal geimpft. Wir waren ja alle die Versuchskaninchen für diejenigen, die bisher abgewartet haben. Deshalb sage ich als einer dieser 50 Millionen – es ist gut gegangen! Bitte macht mit.“

Prompt spört sich der Medienbetrieb an dem Wort „Versuchskaninchen“. Dabei hat Scholz noch nicht mal die Massenimpfung insgesamt als „Versuch“ bezeichnet. Er hat lediglich dargestellt, was einige Leute, die noch nicht geimpft sind, aber zumindest in Erwägung ziehen, sich impfen zu lassen, wohl denken: Erst mal sehen, ob es anderen bekommt; dann lasse ich mir das Zeugs vielleicht auch spritzen. Ein durchaus nachvollziehbarer Standpunkt. Mag sein, daß manche ihn für egoistisch halten, aber auf der anderen Seite: Wenn es um die eigene Gesundheit geht, ist es ja wohl ein Menschenrecht, egoistisch zu sein!

Ist es allerdings, wie Herr Scholz behauptet, wirklich „gut gegangen“?

In seinem Sicherheitsbericht von Ende Juli listet das Paul-Ehrlich-Institut 1.254 „Verdachtsfallmeldungen“ über einen tödlichen Ausgang der Impfung auf. Als eindeutig bestätigt davon gelten nur 48 Fälle, also eine kleine Minderheit. Dies mag daran liegen, daß sehr viele Menschen, die relativ kurz nach einer ersten oder zweiten Impfung verstorben sind, nicht obduziert worden sind.

Die Gesamtzahl der „Verdachtsfälle“ von Nebenwirkungen oder Impfkomplikationen wird für den sieben-Monats-Zeitraum von Ende Dezember 2020 bis Ende Juli 2021 mit 131.671 Fällen angegeben. Davon sollen etwas mehr als zehn Prozent „schwerwiegende“ Fälle gewesen sein, wobei nicht klar ersichtlich ist, ob in diese 14.027 Fälle bereits die etwas über tausend möglichen Impftoten mit hineingerechnet sind oder ob die hinzuzuzählen sind.

Wenn bis zu dem Zeitpunkt vor etwas über einem Monat rund 50 Millionen Menschen in Deutschland vollständig geimpft worden sind, erscheinen diese 131.671 „Komplikationen“ oder die 14.027 „schweren Komplikationen“ oder die 1.254 möglichen Impftoten in relativen Zahlen eher wenig. In absoluten Zahlen sieht das allerdings schon ein wenig anders aus. Hinzu kommt, daß möglicherweise nicht alle „unerwünschten Nebenwirkungen“ gemeldet werden.

Allerdings macht sich bemerkbar, daß genau wie vorher bei dem eigentlichen Virus nunmehr auch bei der Impf-Frage eine fast drastische Spaltung der Bevölkerung festzustellen ist. Da gibt es dann Politiker, die Ungeimpfte als „Volksschädlinge“ bezeichnen und sich einen feuchten Kehricht darum kümmern, das das nationalsozialistischem Voabular entspricht, das ja eigentlich in unserer demokratischen Gesellschaft geächtet sein sollte…. Andere drohen, man werde die Ungeimpften „beobachten“, wobei möglicherweise daran gedacht ist, den Verfassungsschutz oder den polizeilichen Staatsschutz auf deren Privatleben anzusetzen, wie man das mit angeblichen Verfassungsfeinden oder islamischen „Gefährdern“ gern mal macht. Und in dem von einem jetzigen GRÜNEN und früheren Aktivisten des maoistischen „Kommunistischen Bund Westdeutschland“ (KBW) regierten Baden-Württemberg sollen künftig Ungeimpfte, die – und sei es als Kontaktpersonen von angeblich Infizierten! – in Quarantäne müssen, für die Zeit ihrer Quarantäne keine Lohnfortzahlung mehr bekommen.

Es ist schön für Herrn Scholz, daß die Impfung bei ihm (bisher) gut gegangen ist. (Was über die Möglichkeit von noch unerforschten Langzeitwirkungen allerdings nichts aussagt.) Und wenn er sich selbst als eine Art „freiwilliges Versuchskaninchen“ ansieht, kann man nix dagegen sagen. Leute in führender Position sollten ja ohnehin mit gutem Beispiel vorangehen…. Ist also ein sozialer Standpunkt. Aber wenn man es genau betrachtet, sind die, die sich nicht impfen lassen, ebenfalls sozial. Denn auf lange Sicht gesehen braucht jedes Medikament und jeder Impfstoff eine Kontrollgruppe. Sonst kann man wie (positive) Wirksamkeit nicht beurteilen; und auch die Beurteilung (negativer) Komplikationen ist schwieriger.

Also sollten die „Kaninchen“ der einen Art vielleicht mit den „Kaninchen“ der anderen Art ein wenig solidarisch sein. Nicht, daß das ganze noch zum „Großen Kaninchenkrieg“ degeneriert wie in Richard Adams Roman „Watership Down“.

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