Die Wohnung ist unverletzlich, sagt das Grundgesetz der BRD in Artikel 13. Ausgenommen davon könnten bekannte Oppositionelle, Dissidenten oder gar Rechtsextremisten sein. Das wird von Fall zu Fall entschieden; vorzugsweise richterlich.
So gab es eine Durchsuchung bei einem unserer Parteifreunde im verschlafenen Wanfried im Werra-Meißner-Kreis. Hintergrund war ein Durchsuchungsbefehl des Amtsgerichts Kassel wegen des Verdachts der Sachbeschädigung.
Die Sachbeschädigung soll darin bestanden haben, daß bisher unbekannte Täter zwischen 100 und 150 Laternen in der genannten Stadt mit Aufklebern der Partei DIE RECHTE verziert haben. Das ist an sich noch lange keine Sachbeschädigung. Aber Bürgermeister Wilhelm Gebhard hat zur Entfernung der Sticker aufgerufen, weil es sich „um plumpe rechte Propaganda handele“, wie die örtliche Werra-Rundschau berichtet. In ihrer Ausgabe vom 17. März kann sie übrigens noch mehr berichten. Nämlich, daß diese Sticker mit Spülwasser und Schwamm gut abgehen.
Offenbar doch nicht. Oder irgendein Intelligenzbolzen aus der Mittel der Bevölkerung hat nicht Spülwasser und Schwamm benutzt, sondern eine Drahtbürste oder ähnlich grobes Werkzeug. Denn bei einigen Laternen soll durch diese Abspülaktion der Lack beschädigt sein. Was rein technisch gesehen ein „Eingriff in die Substanz der Sache“ sein könnte, was das Gesetz wiederum zur Definition für Sachbeschädigung gemacht hat.
Fraglich allerdings, ob der Verkleber dieser Sticker daran schuld ist. Sachbeschädigung ist ein reines Vorsatzdelikt; fahrlässige Sachbeschädigung ist nicht strafbar. Woher soll der Verkleber ahnen, daß da irgendjemand nicht dem Rat seine Bürgermeisters folgt und Spülwasser und Schwamm benutzt, sondern die Drahtbürste oder vielleicht gar einen Winkelschleifer oder was immer ein gutsortierter Haushalt an Gerät so alles zu bieten hat?
Ach übrigens, der Verkleber, sprich der Mann, der von der Hausdurchsuchung betroffen war. Um einen richterlichen Durchsuchungsbefehl zu rechtfertigen, bedarf es eines Tatverdachts; es muß sogar ein dringender Tatverdacht sein. Das Amtsgericht Kassel begründete ihn im Falle unseres Parteifreundes damit, daß dieser in der Vergangenheit bereits rechte Aufkleber in Wanfried angebracht habe. Das ist ja nun wirklich nicht, was der Gesetzgeber und die allermeisten Juristen sich unter „dringendem Tatverdacht“ vorstellen.
Um die Rechtswidrigkeit der ganzen Aktion zu krönen, nahm man dann nicht nur mit, was man an Aufklebern von welcher Partei oder Organisation auch immer gefunden hat, sondern rein vorsorglich auch seine Aktenordner mit Parteiunterlagen.
Die hat er dank der Intervention seines Anwalts allerdings nach kürzester Zeit zurückbekommen. Skandalös bleibt das Vorgehen aber trotzdem. Wenn jemand Lust hat, deshalb eine Richteraufsichtsbeschwerde gegen den Kasseler Amtsrichter, der diesen Beschluß erlassen hat, zu erstatten: Der Name findet sich auf dem Faksimile des Durchsuchungsbefehls, und das Amtsgericht Kassel ist wie folgt zu erreichen:
34117 Kassel, Frankfurter Straße 9
Tel.: 0561 / 912 – 0, Fax: 0561 / 912 – 2030
Sprechzeiten Mo.-Fr. 9.00 Uhr – 12.00 Uhr
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