Anläßlich des Falles der Ruderin Nadja Drygalla begann die Diskussion um Sippenhaft in der BRD.

In diesem speziellen Fall darf die Diskussion als beendet angesehen werden: Frau Drygalla wird, wie die Medien dieser Tage berichten, ab dem 1. November Sportsoldatin. Obwohl die Ereignisse einschließlich der ganzen Diskussion für die sympathisch wirkende Olympionikin zweifellos belastend waren, sieht es dadurch so aus, als sei ihre sportliche und auch berufliche Karriere gesichert.

Dafür haben wir einen neuen Fall: Die Erzieherin Birkhild T.

Frau T., Mutter von sechs Kindern, war bis zum Jahre 2010 in Lüneburg als Erzieherin in einem städtischen Kindergarten beschäftigt. Dann kam für sie das vorläufige berufliche Aus. Grund: Sie ist mit einem NPD-Funktionär verheiratet. Dieser ist Mitarbeiter des NPD-Landtagsabgeordneten Udo Pastörs und betreut dessen Wahlkreisbüro in Lübtheen. Zudem war er „Unterführer“ der im Jahre 1995 verbotenen „Wiking-Jugend“. Ein Mann mit profundem rechtsextremistischen Hintergrund. Einige von den sechs gemeinsamen Kindern sollen zu Lagern der später verbotenen „Heimattreuen Jugend Deutschlands“ (HDJ) geschickt worden sein. Die selben oder andere von den sechs nahm Ehemann T. Zu Kinderfesten der NPD mit.

Von seiner Frau aber sind keine eigenen politischen Meinungsäußerungen bekannt.

Frau T. wurde daher gekündigt, wogegen sie sich gerichtlich wehrte.

Vor dem Arbeitsgericht Lüneburg scheiterte die Stadt zunächst damit, Frau T. In einen „weniger problematischen“ Bereich, nämlich die Tagespflege, versetzen zu lassen. Und jetzt gab es die richtige Niederlage: denn das zuständige Gericht entschied, daß Frau T. neuerlich im Kindergarten arbeiten darf. Auf die NPD-Mitgliedschaft ihres Mannes komme es nicht an.

Gutmenschliche Kreise haben sich natürlich sofort in Stellung gebracht.

Ohne daran zu denken, in welche geistige Nähe zum real existent gewesenen Nationalsozialismus sie sich dadurch bringen, haben dreißig Eltern sich gegenüber der Stadt geäußert, daß sie ihre Kinder aus dem Kindergarten nehmen wollten, wenn Frau T. dort weiter erziehe.

Das dürfte Wasser auf die Mühlen von Lüneburgs Oberbürgermeister Ulrich Maedge sein. Diesen Mann darf man wohl als aktiven Antifaschisten bezeichnen. Bei einer zugelassenen Demonstration im Jahre 1998 versuchte er gewaltsam, einem rechten Aktivisten das Megaphon zu entreißen, weil ihm dessen Redebeiträge nicht gefielen. Dank der Wehrhaftigkeit anderer rechter Aktivisten scheiterte der versuchte Raub; und als ein vor Wut schnaubender Herr Maedge darauf die Polizei zu rechtswidrigem Handeln instrumentalisieren wollte, wurde ihm von dieser Seite nur kühl bedeutet, daß man da nun einmal nichts machen könne. Vergleichsweise neurotisch gerierte der gute Mann sich ein paar Jahre später anläßlich einer Spontandemonstration in Lüneburg, wo er vor den Augen von Demonstranten, interessierter Öffentlichkeit, Medien und Polizei das Rumpelstilzchen gab, nur daß er es halt nicht fertig brachte, sich vor Wut in zwei Teile zu zerreißen. Auch bei der Gelegenheit vermochte die dem Grundsatz rechtmäßigen Handelns verpflichtete Polizei den Sonderwünschen des Herrn Maedge nicht zu entsprechen.

Der Psychoterror gegen Birkhild T. wird also zweifellos weitergehen.

Rechtsformal ist davon auszugehen, daß die Erzieherin gewinnen wird. Aber es bleibt die Frage, ob all dieser Streß, dieses Mobbing, seelische Folgen hinterläßt. Und der Aspekt der Sippenhaft wird noch deutlicher als im Fall der Ruderin Drygalla, der man ja nur vorwerfen konnte, einen NPD-Aktivisten als  Freund zu haben. Frau T. hat einen bekennenden und öffentlich bekannten NPD-Aktivisten zum Ehemann. Wie war das eigentlich mit der grundgesetzlichen Formel „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung“? Sollte gerade das nicht der nationalsozialistischen Sippenhaft entgegenwirken?

In solchen Fällen wird es immer schwieriger, die real existente BRD von ihrem politischen Vorgängersystem zu unterscheiden.

Leave a Reply

Your email address will not be published.