In modernen Gesellschaften passiert es immer wieder, eine Folge von Vereinsamung und Auflösung sozialer Bindungen. Ein alter Mensch stirbt, und keiner merkt es. Je nach Witterungslage riecht es im Treppenhausflur ein paar Tage etwas unangenehm, aber keiner der Nachbarn kommt auf den Gedanken, daß es sich um Verwesungsgeruch handeln könnte und verbindet das mit dem Umstand, daß man Oma Machulke oder Opa Hennigmeyer schon lange nicht mehr gesehen hat. Schlimmstenfalls liegt ein mumifizierter Leichnam dann auch schon mal ein, zwei Jahre in der Wohnung, und hinterher ist das Entsetzen groß.

Wie so etwas überhaupt möglich ist?

Nun, in Zeiten bargeldlosen Geldverkehrs fällt der Tod eines Kontoinhabers nicht zwingend auf. Die Rente geht automatisch weiter ein, solange die Rentenanstalten nicht erfahren, daß der Rentner oder die Rentnerin verstorben ist. Vermieter, Stromanbieter, Telefonanbieter und so weiter bekommen ihr Geld per Bankeinzug, noch nicht einmal wie früher per Dauerauftrag, wo wenigstens etwas auffallen würde, wenn es eine Mieterhöhung gäbe oder der Strom teurer werden würde. Das Konto ist noch lebendig, und folglich geht jeder davon aus, daß Oma Machulke oder Opa Hennigmeyer ebenfalls noch lebendig ist.

Glücklicherweise sind das sehr, sehr seltene Ausnahmefälle.

Es gibt natürlich noch andere Möglichkeiten außer dieser tragischen Vereinsamung. Betrügerische Verwandte, die über Bankvollmacht verfügen, könnten die verstorbene Oma Machulke oder den verstorbenen Opa Hennigmeyer heimlich beiseiteschaffen und einfach weiterkassieren. Was allerdings gar nicht so einfach ist. Es gehören schon ein hohes Maß an krimineller Energie und gute Nerven dazu, einen Leichnam einfach so verschwinden zu lassen.

Wenn aber Enkel Waldemar oder Enkelin Susi-Anna den Tod von Oma Machulke oder Opa Hennigmeyer ordnungsgemäß melden und für eine anständige Bestattung auf dem Friedhof sorgen, erfährt das in Deutschland die zuständige Rentenkasse in kürzester Zeit. Das geht ganz automatisch; funktionierende Bürokratie halt.

In Griechenland scheint man es mit Bürokratie nicht so sehr zu haben.

Aktuelle Überprüfungen haben ergeben, daß möglicherweise nicht weniger als ein Zehntel der Renten „an unbekannt“ geht. Schon im Frühjahr wurden unberechtigte Zahlungen an 200.000 Griechen gestoppt, und es tauchen immer mehr dubiose Fälle auf. Da Griechenland nur knapp 10 Millionen Einwohner hat, wären diese 200.000 Fälle hochgerechnet auf die Einwohnerzahl der BRD bei uns nicht weniger als etwas 1,6 Millionen….

Darüber hinaus gibt es weitere Fälle, bei denen es glücklicherweise nicht um Leben und Tod geht, aber immerhin auch noch um schwere Übel, sowohl in gesundheitlicher als auch in finanzieller Hinsicht.

Zakynthos ist eine griechische Insel mit etwa 39.000 Einwohnern. Angeblich 700 von diesen sind blind und bekamen eine entsprechende Behindertenrente. Dieser Anteil an der Inselbevölkerung erschien ungewöhnlich hoch. Daher gab es eine Kontrolle, und die Kontrolleure stellten fest, daß es tatsächlich nur 60 Blinde waren, weniger als ein Zehntel der gegenüber den Versicherungsträgern angegebenen Zahl. Erfreulich für die 640 Menschen, die tatsächlich gar nicht blind sind! Weniger erfreulich für diese beinahe 2 Prozent der Inselbevölkerung dürfte allerdings sein, daß nicht nur die Zahlungen an sie eingestellt werden, sondern es auch Rückzahlungsforderungen und Verfahren wegen Betruges geben dürfte….

Es darf mit Interesse abgewartet werden, was sonst noch so an bürokratischen Schlampereien der griechischen Behörden und Betrug eines gar nicht einmal so kleinen Teiles der griechischen Bevölkerung herauskommt.

Ein Grund mehr, dorthin kein Geld zu geben, solange die Griechen ihren Saustall nicht selbst ausgemistet haben. Aber während sie in der Antike noch einen Halbgott Herakles hatten, der das mit den Ställen des Augias fertigbrachte, ist leider ungewiß, ob das moderne Griechenland zu einer ähnlich heroischen Tat imstande ist.

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