Der Mann ist in mindestens doppeltem Sinne rekordverdächtig. Noch niemals zuvor ist in der BRD jemand, dessen Partei nur mit großer Mühe die fünf-Prozent-Hürde geschafft hat, zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Und noch niemals zuvor hat ein Ministerpräsident nach gerade einmal 25 Stunden im Amt seinen Rückzug angekündigt….
Den ersten Rekord kann man noch als witzig ansehen. Der zweite ist einfach nur peinlich.
Nun mag es Leute geben, die für den mit ungefähr zwanzig Haarschneidesalons recht erfolgreichen Unternehmer Entschuldigungen finden. Immerhin wurde noch in der Nacht nach seiner Überraschungs-Wahl sein Haus beschmiert – offenbar hatten die Sicherheitsbehörden nicht imTraum damit gerechnet, daß außer bösen Neonazis, Rechtsradikalen oder AfD-Politikern so was auch mal unter entsprechenden Umständen einem von der FDP passieren könnte. Daß nach telefonischen Morddrohungen sowohl gegen ihn als auch offenbar gegegen seine Familie (Frau und nicht weniger als sechs Kinder) die Polizei es dann für nötig hielt, am nächsten Tag seine Kinder zur Schule zu begleiten, wird das persönliche Sicherheitsgefühl von Thomas K. auch nicht unbedingt gestärkt haben. Und daß seit dem Ende des hessischen Wirtschaftsministers Karry im Jahre 1981 kein leidlich prominenter Politiker mehr von Linksextremisten erschossen worden ist, heißt noch lange nicht, daß das künftig nicht wieder mal passieren könnte.
Auf der anderen Seite drückte ein Kommentator es treffend so auf: „Wer Höhenangst hat, sollte nicht den Beruf des Dachdeckers ergreifen.“
Das Bedrohungsszenario allein kann also als Grund nicht anerkannt werden. Treffender ist da schon, was man neumodisch als „shitstorm“ bezeichnet. Einschließlich der Aufmärsche der üblichen ca. tausend Verdächtigen in Hamburg und Leipzig oder einiger immerhin noch mehrerer hundert in anderen Städten.
Manches von dem, was da verbreitet wurde, hatte schon skurrilen Charakter. Da hat eine Kanzlerin Angela Merkel aus dem fernen Südafrika erklärt, diese Wahl „müsse rückgängig gemacht werden“. Womit sie eine bemerkenswerte sprachliche Inkompetent zeigt. Die stattgefundene WAHL kann nichts und niemand mehr rückgängig machen; die hat nun mal stattgefunden und ist ordnungsgemäß protokolliert; ein Fakt halt. Was Merkel meinte, war wohl eher das ERGEBNIS. So was kann man natürlich auf die eine oder andere Weise rückgängig machen. Aber allein schon, diesen kleinen Unterschied nicht erkannt beziehungsweise sprachliche nicht umgesetzt zu haben, zeigt schon, wie fertig die gute Frau war! Panik, Panik, Panik! Hat nicht Greta Thunberg geschafft, sondern die AfD.
Noch heftiger führt uns ein gewisser Benjamin-Immanuel Hoff vor. Der gute Mann war bis vor kurzem Leiter der Staatskanzlei in Thüringen; natürlich ein Angehöriger der Partei DIE LINKE. Er schrieb dem neuen bzw. jetzt-nicht-mehr-lange-Ministerpräsidenten: „Sie müssen damit leben ein Ministerpräsident von Gnaden derjenigen zu sein, die Liberale, Bürgerliche, Linke und Millionen weitere in Buchenwald und anderswo ermordet haben.“
Nun ist kein einziger der Thüringischen Landtagsabgeordneten alt genug, um bei der Befreiung von Auschwitz vor nunmehr knapp über 75 Jahren auch nur geboren gewesen zu sein…. Wenn die damals an irgendwelchen multi-millionen-Morden beteiligt gewesen sind, müssen sie eine funktionierende Zeitmaschine im Keller stehen haben. Oder Herr Hoff glaubt an die buddhistische und hinduistische Reinkarnationslehre und verdächtigt die Abgeordneten, Wiedergeburten früherer KZ-Wächter zu sein. Eine Theorie, die so esoterisch ist, daß schwerlich ein geistig gesunder Mensch ihr folgen kann. Wahrscheinlicher ist eher, daß Herrn Hoff einfach mental alle nur vorstellbaren Pferde durchgegangen sind, eine Äußerung zu machen, die nicht nur beleidigend ist, sondern möglicherweise schon Volksverhetzung. Auch AfD-Abgeordnete sind ein „Teil der Bevölkerung“ in abgrenzbarer Form, so daß Volksverhetzung zu ihrem Nachteil juristisch durchaus möglich ist. Auch hier also das, was Greta Thunberg in anderem Zusammenhang gefordert hat: Panik, Panik, Panik! Oder einfach blindester Haß.
Allein solche Entgleisungen hätten für einen charakterstarken Mann Grund sein müssen, zu sagen: Ihr könnt mir aus Goethes „Götz von Berlichingen“ vorlesen, aber ich bleibe in dem Amt, das ich angenommen habe. Und wenn’s euch nicht gefällt, so gibt es parlamentarische Möglichkeiten, das zu beenden. Dann einigt euch halt mit einer zwei-Drittel-Mehrheit auf Neuwahlen, oder aber stellt ein konstruktives Mißtrauensvotum, womit ihr ohne Neuwahl des Landtages den SED-Erben Ramelow zum neuen Ministerpräsidenten machen könnt. (Er müßte dann halt nur mindestens 46 Stimmen bekommen, sprich also zwingendermaßen auch welche von CDU oder FDP. Da die Wahl geheim ist, könnte dann noch nicht mal jemand genau sagen, wer dann dem SED-Erben seine Stimme gegeben hat….)
Aber nein, dazu hatte Herr Kemmerich nicht den Nerv. Und das ist eben kümmerlich!
Und wie geht es weiter in Thüringen?
Alle „gesellschaftlich relevanten Kräfte“ fordern eine Neuwahl. Lustigerweise legen sie sich dabei nicht fest, WER oder WAS denn neu gewählt werden soll…. Der ganze Landtag oder doch lieber nur der Ministerpräsident? Eine Neuwahl des Landtages würde wohl dazu führen, daß die jetzigen fünf FDP-Abgeordneten dann mandatslos sind – die würden die fünf Prozent sicherlich nicht noch einmal schaffen, nicht unter diesen Umständen, nicht nach diesem Shitstorm. Auch die Grünen, die mit 5,2 Prozent nicht so viel mehr geschafft haben als die FDP, wären dann Wackelkandidaten. Bei der AfD hingegen könnte man wohl mit Zuwachs rechnen. Das möchte von denen, die jetzt so laut schreien, auch niemand.
Da ist so ein Rücktritt schon viel bequemer. Der derzeitige Landtag kann sich dann einen neuen Ministerpräsidenten wählen, nach dem gleichen Wahlmodus wie zuvor: Im ersten oder eventuell nötigen zweiten Wahlgang müßte er die absolut Mehrheit haben, von da an reicht die relative Mehrheit, und der von vornherein angepeilten Minderheitsregierung von rot-rot-grün steht nichts mehr im Wege.
So läuft das, wenn man die Dinge vom Ende her denkt. Kanzlerin Merkel ist nicht die einzige, die so was kann!
Damit aber hätte sich nicht allein der Herr Kemmerlich zur Lachnummer gemacht. Das hätten dann nämlich auch alle, die jetzt so lautstark meinen, die Demokratie gegen die AfD verteidigen zu müssen. Wenn es genug Wähler mit einem hinreichend langen Gedächtnis gibt, wird sich das auch in fünf Jahren noch auswirken.
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