Der Fall war spektakulär und dramatisch, und die Bewertungen gingen weit auseinander. Für die einen war es Notwehr, für die anderen versuchter Mord, mindestens aber versuchter Totschlag.
Was war geschehen?
Eine regionale Kameradengruppe wollte eine Feier oder ein Konzert machen. Die vor Ort sehr starke Antifa geht gern gegen solche auch eher privaten Aktivitäten vor, solange man nur „Nazis schlagen, Nazis verjagen“ kann, wie einer ihrer Slogans lautet. Nun hat es aber niemand gern, wenn bei einer solchen geselligen Aktivität Schlägerhorden vor der Tür stehen. Oder wenn die Scheiben des Lokals ein, zwei Nächte vorher zu Bruch gehen oder schlimmstenfalls das Lokal „abgefackelt“ wird.
Deshalb war ein sogenannter „Schleusungspunkt“ eingerichtet: Interessierte Teilnehmer bekamen diesen mitgeteilt, dort war ein Streckenposten und nahm eine „Gesichtskotrolle“ vor, und wer bekannt war oder Referenzen hatte, bekam eine Wegweisung zum eigentlichen Veranstaltungsort. Ein wenig umständlich, aber erhöhte Sicherheit. Sicherheit hat bekanntlich ihren Preis.
Da sie mit einem solchen Sicherheitsprotokoll nicht an den eigentlichen Veranstaltungsort herankam, beschloß eine Antifa-Bande, den Schleusungspunt dichtzumachen. Es kamen dazu ein paar vermummte und maskierte Typen. Sie näherten sich in höchst aggressiver Weise dem Mann am Kontrollpunkt, dem 29-jährigen Florian S., der in seinem Auto saß.
Es kann ein Fehler sein, auf einen Mann loszugehen, der in einem startbereiten Auto sitzt und nicht bereit ist, sich einfach so verprügeln oder sein Auto demolieren zu lassen. (Oder beides.) Florian S. gab Gas. Dabei am es zu einem Zusammenstoß zwischen einem Colt Mitsubishi und dem, was Militärs „ein Weichziel“ nennen. „Weichziel“ ist in dem Fall die militärische Umschreibung für einen Menschen, der nicht durch einen Bunker, ein gepanzertes Fahrzeug oder etwas ähnliches geschützt ist. Die Kollision richtet erfahrungsgemäß am „Weichziel“ deutlich schlimmeren Schaden an als am Auto.
Die Anklage meinte, Florian S. habe den Antifa-Aktivisten absichtlich angefahren; er habe auch die Möglichkeit gehabt, den Parkplatz zur anderen Seite hin fluchtartig mit seinem Auto zu verlassen.
Florian S. seinerseits gab an, in Panik geraten zu sein, was man ihm angesichts einer Überzahl maskierter und bewaffneter Typen wohl schwerlich verdenken kann.
Das Verfahren, in dem die Staatsanwaltschaft drei Jahre Haft gefordert hatte, endete jetzt vor dem Landgericht von Freiburg im Breisgau mit einem Freispruch.
Ein pikantes Detail des Prozesses hat für mediale Aufmerksamkeit bis hin zum SPIEGEL gesorgt. Dieser nennt es „ein Lehrstück über enttäuschte Erwartungen“. Pflichtverteidiger in dem Verfahren war ein Anwalt namens Ulf Köpcke. In seiner Kanzlei arbeitet eine junge Anwältin namens Tina Gröbmayr. Diese ist nicht nur Juristin, sondern auch politisch aktiv. Bis vor kurzem war sie Sprecherin der Grünen Alternative Freiburg (GAF), die mit zwei Sitzen im Gemeinderat vertreten ist. Obwohl vom Gericht nicht verpflichtet, arbeitete sie ihrem Bürokollegen in diesem Fall, den sie „hoch spannend“ fand, zu: sie protokollierte, beobachtete den Prozeß, beriet. Das, meinen die Links-Grünen, geht ja wohl gar nicht; eine linke Anwältin, die sich bei der Verteidigung eines Neonazis engagiert. Aus Protest trat der Vorstand der GAF zurück. Und aus Protest gegen diesen Protest trat dann auch Frau Gröbmayr zurück, so daß die GAF vorübergehend ohne Vorstand ist. (Was dabei aus den zwei Gemeinderatsmandaten geworden ist, berichtet der SPIEGEL nicht. Leider. Auch das wäre vielleicht interessant gewesen…)
Wenngleich der Bericht des SPIEGEL durchaus neutral gehalten ist, kann Rechtsanwältin Gröbmayr aus der Überschrift vielleicht erkennen, wie unterschwellig die Presse manipuliert, wenn es nur „gegen rechts“ geht. Da wird sie nämlich zur „Neonazi-Anwältin“. Das ist so wunderschön mißverständlich. Es kann eine Anwältin umschreiben, die einen Neonazi verteidigt, wie hier geschehen. Man kann es aber auch so verstehen, daß damit eine Anwältin gemeint ist, die selbst Neonazi ist. (Oder sagt man in dem Fall korrekterweise: Neonazistin?)
Ein Nebenprodukt des Verfahrens könnte sein, daß die mit 27 Jahren noch recht junge Anwältin sich Gedanken darüber macht, ob ihre bisherigen politischen Überzeugungen wirklich so richtig sind. Oder ob das Verhalten ihrer Genossen daran nicht Zweifel weckt.
Vielleicht ist der Konflikt noch nicht ausgestanden. Es ist denkbar, daß die Staatsanwaltschaft den Freispruch nicht akzeptieren will und in Revision geht.
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