Faschismus ist bekanntlich eine italienische Erfindung, abgeleitet von dem römischen Rutenbündel mit einer Axt darin, dem „fasces“, das in der antiken Metropole von Liktoren als Zeichen ihrer Amtsgewalt getragen wurde.

Nicht ganz so bekannt ist vielleicht der Umstand, daß als „Erfinder der faschistischen Ästhetik“ der Schriftsteller Gabriele D’Annunzio, Principe di Montenevoso, gilt. Zwar war seine Herrschaft in der von ihm ausgerufenen Republik Fiume auf wenig mehr als ein Jahr beschränkt, und abgesehen davon, daß er wie ein Diktator herrschte, gilt sie vielen Historikern als eher anarchisch. Aber er führte Massenaufmärsche und Zeremonien ein, wie sie später im italienischen Faschismus ebenso wie im deutschen Nationalsozialismus wieder auftauchten und zumindest für den Geschmack der damaligen Zeit begeisternd waren.

Über Geschmack läßt sich nicht nur streiten, sondern Geschmack ändert sich auch gelegentlich. Wer würde heute noch mit einer Halskrause herumlaufen? Im 17. Jahrhundert war diese für Männer von Adel oder wohlhabenderem Bürgertum gesellschaftliche Pflicht.

Ein wenig altmodisch gewirkt haben mögen deshalb 14 junge Männer, die sich in einer nicht hundertprozentig exakt ausgerichteten, aber doch militärisch wirkenden Reihe vor dem Brandenburger Tor zum Gruppenphoto formiert haben. Noch altmodischer wirkten dabei möglicherweise die Fahnen und runden Schilde, die sie mit sich führten „wie Bannerträger in einer Schlacht“ (SPIEGEL Online). Fahnen ebenso wie Schilde zeigen den griechischen Buchstaben Lamda, ein schwarzer Winkel auf gelben Grund in einem schwarzen Kreis. Eckig, zackig, beinahe runenhaft. Gemeint ist damit allerdings weniger nordeuropäisches Kulturgut, sondern das Zeichen ist bekannt aus dem Action-Film „300“, der den heldenhaften Kampf der Spartaner an den Thermopylen gegen die gewaltige persische Übermacht beschreibt.

Für die Hellenen der damaligen Zeit war ihr Widerstand gegen die militärisch stark überlegenen Perser – das Opfer an den Thermopylen und der spätere Sieg in der Seeschlacht von Salamis – identitätsstiftend. Auch wenn die antiken Stadtstädte, die Polis, sich nicht zu einer Nation moderner Art zusammenfanden, so hatten sie doch gezeigt, gegen einen äußeren Feind, gegen militärisch vormarschierende kulturfremde Mensch, in einer Front zu stehen.

Und um Identität ging es auch diesen 14 jungen Männern.

Sie gehören zur „Identitären Bewegung Deutschlands“, die bisher vorwiegend im Internet aktiv ist, aber auch Auftritte in der non-virtuellen Realität nicht scheut. Dazu gehört eine nicht näher bezeichnete „Störung“ der Eröffnungsveranstaltung der Interkulturellen Wochen am 30. Oktober 2012 in Frankfurt. Das ganze soll den Charakter eines „Flashmobs“ behabt haben: Tanzende Aktivisten mit lautstarken Ghettoblastern, die „Multi-kulti wegbassen“ wollen und zum Zeichen mindestens potentiellen bürgerlichen Ungehorsams auch gern mal Masken mit dem Konterfei des von der „Occupy-Bewegung“ bekannten Guy Fawkes tragen. (Der Mann, der 1606 das englische Parlament in die Luft sprengen wollte und von dem spöttelnde Engländer noch heute sagen, er „sei wahrscheinlich der einzige Mann, der jemals in ehrlicher Absicht ein Parlament betreten habe.“ Wofür er dann auch hingerichtet wurde.)

Das Vorbild kommt aus Frankreich: Dort besetzte die „Generation Identitaire“ auch schon mal das Dach einer Moschee, um gegen Islamisierung zu protestieren. Die deutschen Identitären sind gegen Multi-Kulti und vor allem gegen Islamisierung, aber sie legen ausdrücklich wert darauf, keine Rassisten zu sein. Eine andere Selbstdarstellung lautet: „Nicht rechts, nicht links – identitär!“

Sich eindeutig nicht-rassistisch zu positionieren, schützt allerdings mitnichten davor, vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft zu werden. Wer gegen Multi-Kulti ist, kann ja nur rechtsextremistisch sein. Ist ja klar. Geht ja gar nicht anders. Eigentlich müßte Multi-Kulti inzwischen schon als Staatsziel ins Grundgesetz aufgenommen worden sein. Erstaunlich, daß man sich das noch nicht getraut hat!

Und doppelt gefährlich, wenn solche vermeintlichen Rechtsextremisten dann auch noch Methoden und den Stil von Jugendkulturen anwenden.

Da bleibt dann nicht mehr viel, als ihnen faschistische Ästhetik zu unterstellen. Was irgendwie ein Widerspruch in sich ist, weil eben doch eher altmodisch statt einer modernen Jugendkultur entsprechend. Oder vielleicht so altmodisch, daß es wieder anfängt modern zu werden?!

Leave a Reply

Your email address will not be published.