Fahnenverbot mal völlig anders…

Der ukrainische Botschafter in der Bundesrepublik, Andrij Melnik, benimmt sich manchmal ein wenig daneben. Die aufdringlichen Forderungen nach Waffen – natürlich kostenlos…. – erscheinen vielen etwas überzogen, und wenn er Kanzler Scholz „eine beleidigte Leberwurst“ nennt, dann ist das, gelinde ausgedrückt, ein wenig undiplomatisch. Sogar einer der Klitschko-Brüder, der als früherer Boxer wohl eher harte Bandagen mag, war darüber nicht gerade glücklich. Allerdings wollen wir auch einem Mann wie Melnik, egal, wie lästig er manchmal fällt, Gerechtigkeit widerfahren lassen. Wo er recht hat, hat er recht. Und wenn er das „Fahnenverbot“ der Berliner Polizei um den 9. Mai herum als „skandalös“ betrachtet, dann kann man dieser Wortwahl nur zustimmen.

Die Berliner Polizei hat nämlich per Allgemeinverfügung rund um insgesamt 15 Gedenkstätten das öffentliche Zeigen sowohl der Fahne der Ukraine als auch der Fahne der Russischen Föderation (und zusätzlich wohl auch noch das der alten UdSSR-Fahne) verboten. Man – sprich die Polizei – erwarte am 8. und 9. Mai in Berlin eine „sehr sensible Gefährdungslage“. Daher gelte es, ein würdevolles Gedenken an Gedenkstätten und Mahnmalen zu schützen und zugleich eine »Instrumentalisierung des Gedenkens« zu verhindern, teilte Polizeipräsidentin Barbara Slowik am Freitag mit. So ganz nebenbei wurden dann auch noch Marsch- und Militärlieder verboten und das Z-Symbol. Auch das Tragen von Uniformen oder Uniformteilen wurde untersagt. Ausgenommen davon sind nur Veteranen des Zweiten Weltkrieges sowie Diplomaten und Vertreter oder Delegationen von Staaten.

Herrn Melnik bleibt es also beispielsweise unbenommen, die gelb-blaue Fahne des Staates, den er repräsentiert, bei einer solchen Gelegenheit zu tragen. Allerdings wird er persönlich davon möglicherweise absehen. Beim Militär sind die Fahnenträger üblicherweise eher untergeordnete Dienstgrade, und das kann man vom Chefdiplomaten eines Staates mit über 40 Millionen Einwohnern ja nun wirklich nicht behaupten. Fast für eine gewisse Belustigung sorgt bei aller verständlichen Empörung allerdings der Umstand, daß Fahnenverbote diesmal nicht nur uns (oder in selteneren Fällen auch die kurdische Arbeiterpartei PKK bzw. ihr nahestehende Organisationen) betreffen, sondern gleich zwei Staaten, die zusammen ungefähr zweieinhalb mal so viele Einwohner haben wie die BRD. Ob man das nun als größenwahnsinnig ansehen möchte oder nicht, sei dahingestellt. Immerhin will die Berliner Polizei die Friedlichkeit (einschließlich der Durchsetzung ihrer Auflagen) mit nicht weniger als 3.400 Sicherheitskräften durchsetzen. Etwas weniger als bei den befürchteten Krawallen am 1. Mai, aber immerhin auch noch eine ganze Menge! Vor ein paar Monaten, als Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen geradezu systematisch kriminalisiert wurden, brachten wir einen Aufkleber heraus: „Keine Demo ist illegal!“ – Jetzt wäre zu überlegen, ob nicht ein Aufkleber angebracht wäre: „Keine Fahne ist illegal!“ – Dagegen spricht, daß wir den unmöglich vor dem 8. bzw. 9. Mai fertig haben können. Aber auf der anderen Seite, es weiß ja niemand, ob der Krieg in der Ukraine sich nicht vielleicht sehr, sehr lange hinzieht und dann auch für nächstes Jahr im Mai die Berliner Polizei so ein Fahnenverbot erläßt. Dann käme der Aufkleber eben doch wieder rechtzeitig!

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