…die Ressourcen entziehen…

Am Mittwoch, dem 29. Juni, wurde „Querdenken“-Gründer Michael Ballweg im Zuge einer Razzia festgenommen, später einem Haftrichter vorgeführt und in Untersuchungshaft genommen. Begründung: Er solle Betrug in Höhe von 640.000 Euro und Geldwäsche in Höhe von 430.000 Euro begangen haben. Da der Verdacht bestand, er wolle sich mitsamt seinem Vermögen ins Ausland absetzen, wurde Fluchtgefahr angenommen.

Hintergrund der Angelegenheit war eine Spendenpraxis, die man bei objektiver Betrachtung durchaus als seltsam ansehen kann und die auch von mindestens einigen Angehörigen der „Querdenker“-Szene schon seit etlicher Zeit kritisiert wurde.

Es liegt auf der Hand, daß die Durchführung einer Demonstration mit vielleicht fünfzigtausend oder möglicherweise sogar mehr Menschen mit einer Menge Kosten verbunden ist, wenn man es auch nur halbwegs professionell machen möchte. Eine große Bühne aufbauen, eine hinreichend starke Beschallungsanlage zu mieten, Transport- und Logistikkosten, dazu noch kostenträchtige Auseinandersetzungen vor Gerichten gegen Verbote oder stark einschränkende Auflagen; das alles geht gewaltig ins Geld. Wer sich mit Planung und Durchführung eines solchen „Groß-Events“ befaßt hat, kann schon nachvollziehen, wenn Michael Ballweg bei einer Gelegenheit gegenüber Förderern erwähnte, für die Durchführung der nächsten Großveranstaltung würden noch 70.000 Euro fehlen. In solchen Dimensionen muß man nun einmal rechnen.

Seltsam anmuten dürfte allerdings, daß Ballweg vielfach nicht um „Spenden“ gebeten hat, sondern um „Schenkungen“. Eine Spende muß der Empfänger im Sinne des Spendenden für einen bestimmten Zweck verwenden. Mit Geld (oder ggfs. auch Sachwerten), das bzw. die ihm geschenkt werden, kann der Beschenkte nach seinem Gutdünken verfahren. Berücksichtigen muß man allerdings, daß dabei Schenkungsssteuer anfallen kann. Der Freibetrag für nicht verwandte Personen ist bei 20.000 Euro innerhalb eines zehn-Jahres-Zeitraums. Wohl aus diesem Grunde hat der in dieser Angelegenheit sicherlich anwaltlich beratene Michael Ballweg darauf hingewiesen, daß keine dieser an ihn persönlich gerichteten „Schenkungen“ höher als 19.999 Euro sein dürfe.

Außerdem wird bei solchen Großveranstaltungen vielfach auch Bargeld in beträchtlicher Höhe „generiert“, wie man es so schön geschäftsmäßig ausdrückt. Da brauchen nur Beauftragte des Veranstalters mit Sammelbüchsen, mit Hüten oder Pappkartons durch die Menge gehen und um einen freiwilligen kleinen Unkostenbeitrag bitten, und schon kommt eine Menge Geld zusammen; zumindest bei so vielen Teilnehmern. Wieviel das dann letztlich ist, was damit gemacht wird oder wo es verbleibt, entzieht sich nahezu vollständig der Nachprüfung. Ein Umstand, der gerade bei oppositionellen oder dissidenten Bewegungen der Staatsgewalt vermutlich überhaupt nicht schmeckt. Aber noch ist so etwas zulässig, und selbst wenn man einen bestimmten Verdacht hat, so muß man diesen auch erst einmal beweisen können.

Das Vorgehen gegen Michael Ballweg ist also, gelinde ausgedrückt, sehr fragwürdig.

Deshalb zitiert das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND) auch in dankenswerter Offenheit Boris Weirauch. Der Verfassungsschutzexperte der SPD im baden-württembergischen Landtag sagte: „Die Geschäftspraktiken der sogenannten ‚Querdenker‘ und deren Hintermänner müssen lückenlos aufgeklärt werden.“ Die Finanzströme extremistischer Bewegungen müssten ausgetrocknet werden. „Diesen Leuten müssen die Ressourcen entzogen werden, die es ihnen ermöglichen, unsere Demokratie zu bekämpfen.“

Auch ohne die Angelegenheit abschließend bewerten zu können, entsteht für den kritischen Beobachter erst einmal der grundlegende Verdacht, daß hier die Justiz von der Staatsgewalt instrumentalisiert wird, um einen politisch unliebsamen Menschen mundtot zu machen.

In Kreisen von „Querdenkern“ wird vermutet, dies sei eine Vorbereitung auf den kommenden Herbst. Im Moment sind die Einschränkungen „wegen Corona“ vergleichsweise gering. Wenn im Herbst die übliche Erkältungswelle beginnt, vielleicht noch verstärkt durch Mangel an Heizstoff für viele Mieter und Hausbesitzer, kann der derzeit vergleichsweise geringe Unmut sich wieder massenhaft manifestieren. Schließlich gab es vor einem halben Jahr Woche für Woche rund 2.000 Demonstrationen gegen das Corona-Regime, und in der Spitze dürften insgesamt leicht eine halbe Million Menschen auf der Straße gewesen sein.

Wenn die Ausschaltung Michael Ballwegs ein politisches Manöver ist, um solche Proteste zu behindern, dann dürfte der Plan aber von vornherein zum Scheitern verursacht sein.

Die gewaltigen Anti-Maßnahmen-Demonstrationen beispielsweise in der Hauptstadt Berlin waren zweifellos eindrucksvoll, aber zentrale Ereignisse dieser Art sind von der Staatsmacht zu leicht zu kontrollieren und zu behindern oder gar mit geradezu bürgerkriegsartigen Mitteln zu unterbinden.

Wenn aber in hundert oder mehr Städten zeitgleich demonstriert wird, ist es nicht möglich, überall einen Wasserwerfer hinzustellen – allein deshalb, weil es in der ganzen BRD gerade mal so rund vierzig von den Gefährten gibt….

Und wenn ich mit 100 oder 200 oder 500 Mitbürgern in meiner Heimatstadt oder der nächsten Kreisstadt einen möglicherweise noch nicht einmal angemeldeten „Spaziergang“ mache, dann brauche ich auch keine Bühne, keine gewaltige Lautsprecheranlage, keine professionellen Banner und so weiter; dann reichen mir ein einfaches Handmegaphon und ein handgemalte Pappschilder. Und wenn die Kosten gegen null tendieren, spielt auch die „Austrocknung von Finanzströmen“ keine Rolle mehr.

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