Angela Merkel hatte irgendwie schon den richtigen Riecher, als sie anfangs Joachim Gauck nicht als Nachfolger des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff wollte.
Am gestrigen Donnerstag hatten Regierungsparteien und Opposition ihre Einigkeit bei Fiskalpakt und ESM („Rettungsschirm“) verkündet. Daraufhin intervenierte das Bundesverfassungsgericht. Interessanterweise, ohne vorher angerufen worden zu sein. Eine Sprecherin des Gerichts teilte mit, daß das Gericht Bundespräsident Joachim Gauck gebeten habe, diese beiden Gesetze zunächst nicht zu unterschreiben, damit man in Karlsruhe genügend Zeit habe, die hiergegen angekündigten Eilanträge zu prüfen. Die Rede ist von zwei bis drei Wochen.
Erste Recherchen haben nichts darüber ergeben, daß das Bundesverfassungsgericht jemals vorher auf diese Weise vorgegangen ist.
Das Bundespräsidialamt blieb zunächst eine Weile stumm, bis dann am Donnerstagabend bestätigt wurde, daß Präsident Gauck dem Wunsch des Höchstgerichts nachkommen werde. Die Rede war von „ständiger Staatspraxis zwischen den Verfassungsorganen“ und „Respekt vor dem Höchstgericht“. Was zweifellos sehr staatsmännische Worte sind.
Dabei ist in solchen Fällen natürlich eine sehr sensible Wortwahl angebracht. Im April noch hatte Joachim Gauck Journalisten gegenüber geäußert, er glaube nicht, „daß die Bemühungen der Regierung (in Sachen ESM und Fiskalpakt) vom Bundesverfassungsgericht konterkarrikiert werden würden“. Kritiker hatten darin eine Art von Bevormundung des Gerichts gesehen. Ob eine solche Einschätzung sachlich angemessen ist, darf bezweifelt werden. Schließlich ist Joachim Gauck gewissermaßen ein „politischer Quereinsteiger“, keiner, der jahrzehntelange Routine in verschiedenen poltischen Ämtern hat und dann gewissermaßen zur Krönung Staatsoberhaupt wird.
Aber Quereinsteiger haben manchmal auch ihren ganz eigenen Charme. Überhaupt stünde die etablierte Politik vielleicht besser da, wenn es öfter mal Quereinsteiger gäbe.
Ganz nebenbei zeigt die Intervention aus Karlsruhe, daß man dort gegenüber Beschlüssen des Bundestages in Sachen „Euro-Rettung“ inzwischen wohl eine höchst gesunde Skepsis hat. Kein Wunder, wenn man bereits in zwei vergangenen Fällen urteilen mußte, daß die Regierung ihre Pflichten gegenüber dem Parlament vernachlässigt und damit gegen die Verfassung verstoßen hatte. Juristische Gründlichkeit gegen den Versuch, im Husarenritt Dinge durchzupeitschen, bei denen es um unser aller Geld geht. Und zwar um eine ganze Menge davon!
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