Berliner Treppensturm: Ein Fazit

Berliner Treppensturm“, das klingt fast ein wenig ähnlich wie „Prager Fenstersturz“. Zur Erinnerung: Als in Prag 1618 drei königlich-böhmische Gesandte von den evangelischen Ständen aus den Fenstern der Burg geworfen wurden (und diesen rüden Akt nahezu unverletzt überstanden), war das der Auftakt des Dreißigjährigen Krieges. Infolgedessen die
Bevölkerung des Reiches von vorher ca. 12 Millionen (1618) auf letztlich ca. 6 Millionen (1648) schrumpfte. Der „Fenstersturz“ an sich war aber nichts anderes als ein Aufbegehren der evangelischen Stände gegen den katholischen König. Eine für die drei Betroffenen zwar brutale Form der Kriegserklärung, aber immerhin ein eher symbolischer Akt.

Und die Symbolträchtigkeit des „Berliner Treppensturms“?

Man sollte sich zuerst einmal die Vorgeschichte anschauen; das, was am gleichen Tag früher geschehen ist.

Da gab es eine Demonstration vor der russischen Botschaft; etwa dreitausend Teilnehmer. Sie trugen teilweise schwarz-weiß-rote Fahnen des Zweiten Deutschen Kaiserreiches (1871 bis 1918), teilweise das amerikanische Sternenbanner und – weniger, aber auch vertreten – die Flagge der Russischen Föderation. Thema ihrer Versammlung war die Forderung an die zwei Hauptsiegermächte des Zweiten Weltkrieges nach einem Friedensvertrag.

Das ist wohl politisch deutlich ein „rechteres“ Thema als der Protest gegen die Corona-Maßnahmen. Es gibt daher auch Berichte, daß an dieser Stelle die Polizei prvokanter oder gar aggressiver aufgetreten ist als an anderen Orten im Innenstadtbild. Dabei kam es zu höchst vereinzelten Würfen mit Flaschen und Steinen auf Polizisten, und es wurden insgesamt ca. 200 Menschen festgenommen. Was von beidem was ausgelöst hat, hat sich bisher für den Außenstehenden nicht klar ermitteln lassen.

Überaus fragwürdig ist auch das Agieren der Polizei im Vorfeld einer Demonstration, die durch Gerichtsbeschluß zugelassen wurde, von der Polizei aber auf eine nachgerade heimtückische Weise verhindert wurde. Erst blockierte man die Straße, über die diese Demonstration abziehen sollte; und ebenso die Seitenstraßen, so daß die versammelte Menge auch keine Möglichkeiten hatte, dorthin auszuweichen. Da sich dadurch zwangsläufig die Menschen stauten – es sollen nach Polizeiangaben ungefähr 18.000 gewesen sein – , verhängte die Polizei entgegen der Corona-Verordnung des Landes Berlin eine Maskenpflicht, der naturgemäß keiner nachgekommen ist. Daraufhin löste man die Demonstration auf. Das alles stinkt nach Willkür.

So kamen dann wohl drei- bis vierhundert Menschen auf den Gedanken, der wenig rechtsstaatlich auftretenden Polizei mal ein Schnippchen zu schlagen. Durch einen Aufstellungsfehler der Polizei gab es auf dem Weg zum Reichstagsgebäude zwar eine physikalische Barriere, nicht aber Polizeikräfte. Diese physikalische Barriere bestand noch nicht einmal aus „Hamburger Gittrn“, sondern aus einer erheblich leichter zu überwindenden Bauabsperrung. Ob diese Barriere auf geradezu martialische Weise „durchbrochen“ wurde oder ob man sie einfach geöffnet (oder vielleicht auch simpel überklettert) hat, kann dahingestellt bleiben. „Durchbrochen“ hört sich jedenfalls mindestens unterschwellig
gewalttätig an; daher ist das das von den Mainstreammedien bevorzugt genutzte Wort.

Daß dann allerdings von einem (mindestens versuchten) Sturm auf das Parlamentsgebäude gefaselt wurde, ist natürlich purer Unsinn. Erstens standen gerade mal drei Polizisten vor dem Eingang, als plötzlich dreihundert oder vierhundert Demonstranten auf Treppe und Zugang waren. Ein gewalttätiger Mob in hundertfacher Übermacht hätte diese drei Beamten in Sekundenschnelle weggezerrt oder weggeprügelt oder so an die Wand gedrängt, daß sie im schlimmsten Fall das George-Floyd-Syndrom entwickelt hätten. (Mit anderen Worten, ihnen die Luft weggeblieben wäre. Daß im Druck einer Menschenmenge Leute schlimmstenfalls ersticken können, wissen wir spätestens seit den tragischen Ereignissen der Love-Parade von Duisburg.) Nein, stattdessen drehten viele sich in geradezu
touristischer Weise um, um mit dem Rücken zum Gebäude Selfie-Photographien von sich zu machen… Gewalttätig oder auch nur gewaltbereit sieht irgendwie völlig anders aus…

Wenn da jemand gewalttätig war, dann waren es wohl eher die eiligst nachrückenden Polizeibeamten, die ohne vorherige Ankündigung Pfefferspray und Schlagstöcke einsetzten, um die Fortdauer „unschöner Bilder“ zu verhindern. Es ist nur zu hoffen, daß der eine oder andere, der von diesen Gewaltmitteln betroffen war, Strafanzeige erstattet, damit die grundlegende Rechtswidrigkeit dieser Einsatzform gerichtlich festgestellt wird.

Auch eine Dominanz von Reichsflaggen, die von vielen fälschlich als „Reichskriegsflaggen“ bezeichnet werden, war nicht zu erkennen. Mal unabhänging davon, daß es allein sprachlich naheliegend ist: REICHSflaggen vor dem REICHStag. Aber das alte kaiserliche schwarz-weiß-rot war noch nicht einmal die dominierende Mehrzahl. Da war dann unter anderem das Sternenbanner zu sehen oder eine Fahne des Bundeslandes Berlin oder irgendetwas in blau-gelb, und lustigerweise sogar eine türkische Flagge, die man sonst von rechten Demonstrationen her überhaupt nicht kennt; oder wenn, dann in den Reihen regelmäßig
auftretender Gegendemonstranten…. Ob das vielleicht ein „Grauer Wolf“ war? Oder möglicherweise ein Neonazi, der „einen Türken bauen“ wollte, wie man früher in geradezu rassistischer Weise sagte, wenn jemand sich eine Täuschung erlaubte….?

Wenn es mindestens einem Teil dieser drei- oder vierhundert Menschen
weniger um touristische Selfie-Photographien gegangen ist, sondern um ein
symbolisches politisches Statement, dann waren sie aber in jedem Fall erfolgreich.

Ungeheuer, skandalös, abscheulich und so weiter lauteten die hysterischen Adjektive der politischen Kaste. BuPrä Steinmeier verstieg sich zu der Behauptung, das sei „ein
unerträglicher Angriff auf das Herz der Demokratie“ gewesen. (Jemand, der früher in der Redaktion einer vom Verfassungsschutz beobachteten Zeitschrift saß, muß sich mit Demokratie natürlich besonders gut auskennen!) Auch Kanzlerin Merkel äußerte sich mit der ihr angemessen erscheinenden Empörung. Schade nur, daß sie nicht noch einmal ihr
klassisch gewordenes „unverzeihlich“ wiederholt hat, wie sie die demokratische Wahl eines ihr nicht genehmen Ministerpräsidenten in Thüringen genannt hat…

Diese Aufregung hat skurrile Züge. Ganz nebenbei kann sie auch dazu führen, daß die schwarz-weiß-rote Flagge sich künftig noch größerer Beliebtheit erfreut; auch bei Menschen, die zu ihr keinen rechten politischen Bezug haben. Einfach deshalb, weil die Geisels, die Steinmeiers, die Schäubles und so weiter so schön allergisch auf sie reagieren. Und der einstmals knallrote, nunmehr deutlich gewandelte Jürgen Elsässer, Herausgeber des Magazins COMPACT, meint jetzt sogar eine „Reichs-Pop-Bewegung“ zu sehen. Ob das etwas
pointiert ist oder sich wirklich etabliert, bleibt abzuwarten. Man könnte sich in dem Zusammenhang zumindest einige durchaus erheiternde neue Parolen vorstellen. Beispielsweise solche wie: „Das Reich ist bunt!“ oder: „The Reich rocks!“

Unabhängig von all der Erheiterung, die dieser einzelne Akt und die Empörung darüber hervorruft, ist natürlich auch ein Fazit des 29. August 2020 zu ziehen.

In Berlin sind nach einer ersten Einschätzung der Polizei ca. 38.000 Protestierer zusammengekommen. Spätere Meldungen der Mainstreammedien (von Sonntagmorgen) sprechen von bis zu 50.000. Das erscheint realistisch.

In Minsk gab es am gleichen Tag wieder eine Demonstration gegen Autokrat oder Diktator Lukaschenko. Während in den Wochen vorher die Zahl an Demonstranten jeweils mit etwa hunderttausend oder leicht darüber angegeben wurde, waren es diesmal „zehntausende“. Wenn man das als exakt die mittlere fünfstellige Zahl interpretiert, war das Verhältnis an
Demonstranten in Berlin und Minsk genau eins zu eins.

In Berlin war die Versammlung zunächst behördlich verboten, aber das Verbot wurde von den zuständigen Gerichten aufgehoben.

In Minsk war die Versammlung verboten, und es gab keine gerichtliche Aufhebung. Entweder gibt es in Weißrußland keine Verwaltungsgerichte, oder sie wurden nicht angerufen, oder sie haben das Verbot eben nicht aufgehoben.

In Berlin wurden (bei gerichtlich erlaubten) Versammlungen ca. 300 Personen festgenommen.

In Minsk wurden bei einer verbotenen Demonstration gerade mal bei 100 Personen festgenommen; ein Drittel derer, die in Berlin in polizeilichen Gewahrsam gekommen sind.

Das alles führt zu dem Schluß, daß man in dem von einem Autokraten oder Diktator wie Lukaschenko beherrschten Minsk am 29. August unbehelligter demonstrieren konnte als in dem von einer lupenreinen Demokratin wie Angela Merkel beherrschten Berlin….

DIE RECHTE/Bundesverband. 

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