Als Gerhard Schröder noch weniger alt und dafür Kanzler statt Alt-Kanzler war, verkündete er zum ersten Mal den „Aufstand der Anständigen“. Wir erinnern uns: Im Sommer 2000 brannte eine Synagoge. Nein, pardon, sie brannte nicht richtig; ein Molotow-Cocktail hatte die Eingangstür ein wenig angekokelt, Sachschaden war bei etwa 10.000 D- Mark. (Ja, damals gab es die D-Mark noch!) Oder etwas über 5.000 Euro, bei einem Kurs von 1 zu 1,93. Naja, inzwischen wären es dann wohl doch wieder 10.000 Euro, dank der Teuerung…

Etwa so viel Schaden, wie ihn ein randalierender Betrunkener anrichtet, der in einem Wohngebiet bei vielleicht dreißig Autos die Spiegel wegtritt, Antrennen abbricht und mit seinem Haustürschlüssel den Lack zerkratzt, bevor die Polizei ihn in die Ausnüchterungszelle steckt.

Bei diesem etwas laienhaften Brandanschlag auf eine Synagoge in Düsseldorf gab es allerdings eine Reaktion der Medien, die in keinem Verhältnis zum tatsächlich angerichteten Schaden stand. Man sah darin einen antisemitischen Anschlag (was stimmte) von bösen Neonazis (was nicht stimmte) und mithin die Vorboten der industriellen Vernichtung von sechs Millionen Menschen.

Und der damalige Kanzler Schröder forderte den „Aufstand der Anständigen“. Wobei es rein sprachlich eine interessante Frage ist, ob anständige Menschen überhaupt einen Aufstand machen können oder damit eher unanständig werden. Naja, kommt auf die Form des Aufstandes an. Darüber hat Herr Schröder sich wohlweislich ausgeschwiegen. Er hätte natürlich statt Aufstand auch Lichterketten fordern können, wie knapp zehn Jahre vorher nach einigen ausländerfeindlichen Brandanschlägen. (Die im Gegensatz zu dem auf die Synagoge immerhin Todesopfer gefordert haben!) Aber die Sache mit der Synagoge war im Hochsommer, und da machen Lichterketten wenig Sinn, wenn die Sonne erst gegen neun Uhr abends oder so untergeht. Der anständige Bürger sitzt dann eher vor dem Fernseher und bereitet sich darauf vor, ins Bett zu gehen, um am nächsten Morgen ausgeschlafen zur Arbeit zu erscheinen und Steuern zu erwirtschaften.

Seither ist einige Zeit vergangen. Schon zwei Wochen später stellte sich heraus, daß die zündelnden Antisemiten nun mal (leider, nach offizieller Lesart!) keine deutschen Neonazis waren, sondern zwei Migranten; davon einer zwar mit deutscher Staatsangehörigkeit, aber eben im Ausland geboren.

Auch an Herrn Schröder ging die Zeit nicht spurlos vorbei. Aus dem Kanzler wurde ein Alt-Kanzler. Daß er vorher als „Genosse der Bosse“ bezeichnet wurde, wird außer ein paar wirklich eingeschleischten Sozialdemokraten nicht viele gestört haben. Daß er danach einen Vertrag mit Gazprom schloß, der ihm jährlich eine Million (dann schon in Euro) einbrachte, war natürlich eine andere Kategorie. Viele meinten, daß der dann als „Gaznosse“ oder als „Gas-Gerd“ bekannte Ex-Kanzler damit die Grenze des Anstandes überschritten hätte…

Aber jetzt möchte er wieder anständig sein und von anderen Anstand einfordern, in Form eines Aufstandes; Aufstand die zweite. Der aktuelle soll sich gegen jene PEGIDA-Bewegung richten, die am vergangene Montag erst mit ca. 17.500 Teilnehmern in Dresden demonstriert hat und damit ihr Ergebnis vom Montag davor – etwa 15.000 – nochmals zu steigern wußte.

Wenn einem nix neues mehr einfällt, greift man halt auf das zurück, was schon beim ersten Mal nicht funktioniert hat. Der amerikanische Dichter Charles „Buk“ Bukowski sagte einmal, „wir alle werden als Genies geboren und sterben als Idioten“. Manche tun gerade so, als wollten sie das bonmot von „Buk“ bestätigen. Wir wollen aus zivil- und auch aus strafrechtlichen Gründen nicht behaupten, daß Herr Schröder zu diesen manchen zählt. Aber uns erscheint dieser zweite Aufguß von „Aufstand“ nicht unbedingt als genial. Dafür werden wir mit Interesse beobachten, oder Herr Schröder sich wenigstens in die erste Reihe der Gegendemonstranten stellt. Denn von einem, der von breiten Massen etwas fordert, sollte man doch wenigstens erwarten, daß er selbst mit gutem Beispiel vorangeht. Oder aber hat er aufgrund seiner eigenen Vita etwa Zweifel, ob er sich zu den Anständigen zählen darf? Dann wäre natürlich verständlich, wenn er nur fordert, aber sich mit persönlicher Beteiligung vornehm zurückhält.

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