Und so könnte der literarisch gebildete Leser fortfahren: „Ob’s edler im Gemüt, die Pfeil und Schleudern des wütenden Geschicks erdulden oder, sich waffnend gegen eine See von Plagen, durch Widerstand sie enden?“ (Shakespeare, Hamlet.)

Alles eine Frage der Sichtweise, ob man sich waffnet oder duldet. Bundesinnenminister Friedrichs will sich waffnen – nicht gegen militante Moslems, sondern gegen PRO Deutschland, das den sogenannten Schmähfilm öffentlich vorführen möchte. (Und wenn sie keinen Kino-Betreiber finden, der dazu bereit ist, dann nötigenfalls in einer Lagerhalle, kündigte Parteichef Manfred Rouhs an. Was immerhin von Erfindungsreichtum zeugt und davon, daß man es nicht bei einer Ankündigung belassen, sondern die Sache nach Möglichkeit realisieren möchte.)

Dem Bundesinnenminister ist einerlei, ob in einem Kino mit gepolsterten Sesseln oder ob im November in einer möglicherweise zugigen Lagerhalle – er läßt die Frage eines formalen Verbotes prüfen.

Das stößt bei in Deutschland lebenden Moslems auf ein geteiltes Echo. Ali Kizilkaya, Sprecher des Koordinationsrats der Muslime in Deutschland, ist für ein Verbot. Er sieht den Film als tiefgreifende Beleidigung. Gleichfalls für ein Verbot ist  Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime. Sein  Argument: Er sieht den öffentlichen Frieden als gefährdet. Wobei er verschweigt, daß die Gefährdung des Friedens nicht durch gewaltfreie Filmzuschauer erfolgt, sondern durch die, die ihnen dann möglicherweise gewaltsam entgegentreten wollen, sprich seine Glaubensbrüder.

Lamya Kaddor, Vorsitzender des liberal-islamischen Bundes, sieht es anders. Dem Namen seiner Vereinigung gerecht werdend, aber auch durchaus taktisch denkend, sieht er größeren Schaden in Verbot und Tabuisierung. Sonderregelungen für Moslems seien geeignet, meint er, die Islamfeindlichkeit noch zu schüren.

Rauf Ceylan, der an der Universität Osnabrück Religionswissenschaft lehrt, ist gleichfalls gegen ein Verbot; er fürchtet, daß man den Film damit wichtiger macht, als er sei.

Richtig vom Leder zieht ein salafistischer Imam in Ägypten: er hat eine Fatwa erlassen, in der junge Muslime in den USA und Europa aufgefordert werden, alle zu töten, die an dem Film mitgewirkt hätten, und alle, die ihn verbreiteten. Möglicherweise wird man sich in der Firmenzentrale von YouTube jetzt darauf einstellen müssen, daß Selbstmordattentäter mit Sprengstoffgürteln dort einfallen. Und Sam Bacile, oder wie immer er bürgerlich heißt, könnte das Schicksal Theo van Goghs teilen.

Offenbar geht es um die Erzeugung eines Klimas der Angst.

Wer gegen so etwas nicht Widerstand leistet, wird immer wieder das Opfer von Erpressung.

Deshalb mutet ein Teil der Diskussion im sogenannten anti-islamistischen Lager auch befremdlich an. Der Chefredakteur der „Jungen Freiheit“ nannte den Film eine „schäbige Provokation“ und sprach sich gegen dessen Aufführung aus. Im gleichen Sinne der Vorsitzende der REPUBLIKANER, Dr. Rolf Schlierer. Er nannte die Absicht von PRO Deutschland „töricht, unseriös und unverantwortlich“. „Unverantwortlich“ sei, „um eines taktischen innenpolitischen Vorteils willen mit Leib und Leben deutscher Repräsentanten im Ausland und mit dem Schicksal der vom Genozid bedrohten christlichen Minderheiten im Vorderen Orient zu spielen.“

Ob das seine ureigene Überzeugung ist oder aber er sich nur grämt, daß PRO Deutschland es mit der bloßen Ankündigung fertiggebracht hat, sich ins Gespräch zu bringen, sei dahingestellt.

Die Debatte – sowohl innerhalb des recht kleinen politisch rechten Lagers als auch in breitesten Kreisen – wird interessant bleiben. Im Grundsatz geht es um die Frage: Gewaltdrohungen weichen oder ihnen widerstehen? Da kann sich dann schon mal die Spreu vom Weizen trennen.

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