Wie rechtsextrem ist das Grundgesetz?!

 

Das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz bezeichnet den
Landesverband Thüringen der „Alternative für Deutschland“ (AFD) als
„gesichert rechtsextrem“. Und als Rechtsextremisten definiert er
Menschen, die „unterstellen, dass die Zugehörigkeit zu einer Ethnie oder
Nation über den tatsächlichen Wert eines Menschen entscheide.“

Schon diese Definition ist ungenau. Alles mit einem „oder“ führt in zwei
mögliche Richtungen und ist daher eher unpräzise. Aber lassen wir diesen
kleinen Schönheitsfehler mal außen vor und machen uns stattdessen die
Mühe, das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland auf mögliche
rechtsextreme Bestandteile zu prüfen. Denn von diesem Grundgesetz –
bisweilen auch als Verfassung bezeichnet – leitet der Verfassungsschutz
ja seine Legitimation und seinen Auftrag ab.

Wir haben da den wunderschönen Artikel 3. Absatz 1 sagt, daß alle
Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Absatz 3 verbietet Benachteilligung
wegen Abstammung, Rasse, Heimat oder Herkunft und verschiedener anderer
personenbezogener Merkmale. So weit, so gut.

Der Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 findet sich in Artikel 5 –
nichtamtliche Überschrift: Meinungsfreiheit – wieder. „Jeder“ hat das
Recht, seine Meinung in der BRD zu verbreiten, Also unabhängig von der
Hautfarbe, von der Zugehörigkeit zu einer Ethnie, von der
Staatsangehörigkeit.

Aber jetzt kommt der Bruch in der Logik, wenn wir zu Artikel 8 –
nichtamtliche Überschrift: Versammlungsfreiheit – übergehen. Da heißt es
in Absatz 1: „Alle Deutschen haben das Recht….“ Nicht: „Jeder“. Oder:
„Alle Menschen“. Sondern höchst exklusiv. alle Deutschen.

Das heißt natürlich nicht, daß beispielsweise ein Kurde (mit türkischer
Staatsangehörigkeit) in Deutschland keine Demonstration gegen den
türkischen Präsidenten Erdogan anmelden und durchführen darf. Aufgrund
einfach-rechtlicher Bestimmungen (das Versammlungsgesetz) darf er. Sein
einziger Nachteil ist: Wenn die Behörde das verbietet, weil sie
beispielsweise Werbung für die verbotene PKK oder gewaltsame
Ausschreitungen befürchtet, dann kann dieser fiktive Kurde dagegen
natürlich das Verwaltungsgericht und auch das Oberverwaltungsgericht
anrufen. Soweit gilt die Rechtswegegarantie aus Artikel 19 Grundgesetz
auch für ihn. Aber die Anrufung des Verfassungsgerichts als
außerinstanzlichem letzten Mittel ist ihm verwehrt; er ist kein
Grundrechtsträger im Sinne von Artikel 8. Höchstens, wenn er sich auf
Artikel 5 beruft; dann hätte er eine gewisse Chance.
Nachvollziehbarerweise sieht das Verfassungsgericht das Recht aus
Artikel 8 auch in Verbindung mit dem Recht aus Artikel 5, weil eine
Demonstration immerhin ja auch dem Ausdruck einer Meinung dient.

Trotzdem, es ist ein systematischer Fehler, und den muß man unter
Zugrundelegung der Rechtsmeinung das Thüringischen Verfassungsschutzes
als rechtsextrem bezeichnen!

Es wäre jetzt eine lohnende Aufgabe für die Bundestagsfraktion der AfD,
auf eine Grundrechtsänderung bezüglich Artikel 8 hinzuwirken. Die wäre
nicht einmal sonderlich aufwendig. Man müßte nur die Worte „alle
Deutschen haben“ ersetzen durch „Jeder hat“.

Interesssant wäre – unabhängig von der Frage, ob man diesen kleinen
rechtsextremen Anflug im Grundgesetz befürwortet oder ablehnt – , wie
dann die anderen im Bundestag vertretenen Parteien damit umgehen.

Es gibt in diesem Hohen Hause ja einen gewissen Trend, Anträge nur
deshalb zurückzuweisen, weil sie von der AfD stammen. Es wäre doch mal
lustig zu sehen, ob damit in einem solchen Fall auch so verfahren würde.
Dann müßte sich der Herr Stephan Kramer, Präsident des Landesamtes in
Thüringen, vor Wut eigentlich in den großen Zeh beißen.

Vorausgesetzt, er ist gelenkig genug dafür.

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