Maria ist nicht gestorben.

Sie hat nur nie gelebt! – So ungefähr würde es möglicherweise Wirtschaftsminister Robert Habeck ausdrücken, nach dessen wohlerwogener ministerieller Meinung Firmen, die wegen zu hoher Energiekosten nicht mehr produzieren können, ja nicht insolvent werden, sondern eben einfach nicht mehr produzieren….

Der Hintergrund der – vermeintlichen und sehr tränenrührigen – Geschichte:

Da gibt es eine syrische Familie, die flüchtete. Zunächst einmal in die Türkei, was bekanntlich weniger riskant ist, als sich in ein marodes Schlauchboot zu zwängen und in geplante Seenot zu geraten. Vom europäischen Teil der Türkei aus kann man dann über einen Grenzfluß namens Evros nach Griechenland gelangen, also auf EU-Territorium, wo man dann Asyl verlangen kann, meistenteils mit dem Endziel Germoney.

In diesem Fluß gibt es mehrere Inseln, unbewohnt und oftmals so unbedeutend, daß sie nicht einmal einen Namen haben. Zu welchem Land sie gehören, ist teilweise unklar. Da gibt es eine Insel, die als „Kissari-Insel“ bezeichnet wird, weil sie in der Nähe einer griechischen Ortschaft namens Kissari liegt. Nach Angaben des griechischen Katasteramtes gehört die Insel vollständig zur Türkei. Das allerdings sieht das griechische Verteidigungsministerium anders. Dessen Meinung nach verläuft die Grenze zwischen diesen beiden Staaten ziemlich genau in der Mitte der etwa 1000 Meter langen und etwa 700 Meter breiten Insel. Eigentlich ein hübsches Stück Land, aber trotzdem recht unwirtlich, denn im Winter wird die Insel bisweilen vollständig überspült. Verständlich also, daß auf dem Eiland niemand dauerhaft wohnen kann oder will.

Auf dieser Insel soll im Sommer 2022 eine etwa dreißigköpfige Gruppe syrischer Fluchtlinge gestrandet sein, darunter mehrere Kinder in verschiedenem Alter und eine Greisin und eine Schwangere. Die griechische Regierung habe ihnen Hilfe verweigert, und in der Folge sei ein fünfjähriges Mädchen namens Maria, vermutlich unterernährt und an Wassermangel leidend, an einem Skorpionstich gestorben.

Der SPIEGEL brachte die Geschichte als erster, aufgrund eines Berichts eines griechischen Mitarbeiters. Dabei gab es schon die erste Ungereimtheit. Der Grieche schrieb seinen Artikel in englisch, wobei er mehrfach den Konjunktiv, die Möglichkeitsform, verwendete: „She is reported dead“, „the group says, Maria died“. Dieser Artikel wurde von einem deutschen Mitarbeiter übersetzt, der auch als Co-Autor genannt ist, und der statt der Möglichkeitsform den Indikativ, die Wirklichkeitsform verwendete.

Alsbald aber tauchten Ungereimtheiten auf. Die telefonische Video-Botschaft einer Syrerin, angeblich von der Kissari-Insel, zeigte diese vor einem langen Sandstrand. Nur hat die Kissari-Insel keinen Sandstrand. Wohl aber hat einen solchen eine etwa vier Kilometer weiter liegende Insel, die mangels eines Namens einfach „die südliche Insel“ genannt wird. Und die vollständig auf türkischem Gebiet liegen soll. Noch gravierender aber war, daß ernstliche Zweifel entstanden, ob es das tote Kind überhaupt jemals gegeben habe. Der SPIEGEL sah sich veranlaßt, seinen nur online erschienenen Bericht vom Netz zu nehmen und gründlicher zu recherchieren. Aber auch das brachte keine wirkliche Klarheit. Beispielsweise konnte oder wollte niemand von der etwa dreißigköpfigen Flüchtlingsgruppe Angaben machen, wo denn das tatsächliche oder vermeintliche Opfer begraben war, so daß eine Exhumierung unmöglich ist. Und damit auch Feststellungen darüber, ob es überhaupt ein Opfer gab und, wenn ja, woran dies denn verstorben ist… Auch eine nachträglich – drei Monate nach dem angeblichen Todesfall – in Syrien beschaffte Geburtsurkunde für das Kind Maria kann schwerlich als Beweis gelten. Anders als im bürokratischen Deutschland ist es in Syrien sehr wohl möglich, nachträglich Geburtsurkunden zu erhalten; in diesem Falle wäre das rund fünf Jahre nach der Geburt…. Ob das so beurkundete Kind überhaupt jemals existiert hat, ist offen. Weitere Recherchen des SPIEGEL ergaben, daß es in manchen Gegenden Syriens mit geeigneten Kontakten problemlos möglich ist, zum Spottpreis von ungefähr 50 US-Dollar Urkunden für Kinder zu bekommen, die niemals existiert haben….

Nicht nur journalistische Laien werden da wohl zu dem Ergebnis kommen: Hier wurde einen rührselige Geschichte voreilig und ohne hinreichende Nachprüfung als Tatsache ausgegeben, nur weil sie in das von der Redaktion erwünschte politische Bild paßte.

Leave a Reply

Your email address will not be published.