Aufruf Demonstration in Koblenz 15. März 2014

Ort: Bahnhofsplatz Koblenz
Beginn: 14.00 Uhr

Thema:
Gegen Repression und Behördenwillkür.

Zu den Hintergründen:

Am 13. März 2012 wurden 23 angebliche oder tatsächliche Angehörige des sogenannten „Aktionsbüros Mittelrhein“ verhaftet. Der Vorwurf: Bildung einer kriminellen Vereinigung. Und weil das so schön gefährlich klingt, tobte die Staatsgewalt dann los wie im Krieg. Da wurde von vermummten Sondereinheiten schon mal eine Haustüre eingerammt, ohne daß man sich vorher die Mühe gemacht hätte, die Bewohner morgens um sechs durch Klingeln aufzufordern, diese von sich aus zu öffnen. Zur akustischen Untermalung ließ man dann auch einen Hubschrauber in niedriger Höhe über das Objekt kreisen, um Nachbarn und Anwohnern zu suggerieren, daß hier in Minutenschnelle ein Bürgerkrieg ausbrechen könnte, gegenüber dem sich die Ereignisse auf dem Kiewer Maidan-Platz geradezu wie ein Picknick ausnehmen…

Was für kriminelle Aktionen hat denn nun das sogenannte „Aktionsbüro“ unternommen?

In allererster Linie waren es ganz normale und vor allem legale politische Aktivitäten: Da wurden Artikel in einer Netzseite eingestellt, es wurden Flugblätter entworfen und hergestellt und verteilt, es wurde die Anreise zu behördlich zugelassenen Demonstrationen organisiert.

In kleinen Gruppen und wechselnder Besetzung begingen angebliche oder tatsächliche Angehörige des sogenannten „Aktionsbüros“ auch Straftaten. Da waren ein paar Sachbeschädigungen (an Fahrzeugen von politischen Gegnern), da wurden zweimal oder so Leute verprügelt, die eine mißliebige Meinung hatten, und es gab auch zwei Fälle von angblichem oder tatsächlichem Landfriedensbruchs, also Teilnahme an einer Massenschlägerei, um die Straftatbestimmung laienverständlicher zu erklären. Das war alles. Weniger, als weit über 100 Antifa-Gruppen bundesweit regelmäßig veranstalten, nur mit dem Unterschied, daß gegen solche Antifa-Gruppen niemals wegen angeblicher „krimineller Vereinigung“ ermittelt wird.

Das Verfahren im vorliegenden Fall ist allein schon deshalb rechtswidrig, weil nach dem Text des Gesetzes keine kriminelle Vereinigung eine solche ist, bei der „die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist“. Aber das kümmerte weder die Staatsanwaltschaft noch das Landgericht Koblenz.

Nachdem die ersten der 23 von der Verhaftungswelle betroffenen Personen bereits nach wenigen Wochen entlassen wurden (weil sie der Staatsanwaltschaft gefällige Aussagen gemacht und damit ihre vormaligen Kameraden teilweise belastet hatten), saßen die meisten von ihnen über ein Jahr in Haft. Besonders hart betroffen wurden sieben junge Männer, die erst im Januar 2014 entlassen wurden, also nach rund zweiundzwanzig Monaten in Untersuchungshaft, wovon sie zumindest anfangs einen beträchtlichen Teil in vollständiger Isolation verbringen mußten. (Eine solche Isolationshaft gilt nach Ansicht von Menschenrechtlern als sogenannte „weiße Folter“, die zwar keine oder keine eindeutig feststellbaren körperlichen Folgen hinterläßt, wohl aber seelische Vernarbung.)

Als besonders krass hervorzuheben sind zwei Fälle:

Da ist einmal ein Arbeiter in der zweiten Hälfte seines sechsten Lebensjahrzehnts, der im Rahmen des „Aktionsbüros“ nichts anderes getan hat, als sich um Pflege und Wartung einer Lautsprecheranlage für Demonstrationen zu kümmern und diese auch – wenn er selbst an der Demonstration teilnahm – als Tontechniker zu bedienen. Wohlgemerkt, bei Demonstrationen, die ordnungsgemäß angemeldet und behördlich zugelassen waren. Also alles andere als eine strafbare oder rechtswidrige Handlung. Weil aber angeblich Mitglied einer nach dem Gesetzestext gar nicht existenten „kriminellen Vereinigung“, saß der Mann rund ein Jahr in Haft! Ohne selbst ein strafbare Handlung begangen zu haben oder von den strafbaren Handlungen anderer gewußt zu haben! Das hat mit Rechtsstaat nichts, aber auch gar nichts mehr zu tun!

Der zweite Fall ist der von Sven Skoda. Skoda wird noch nicht einmal vorgeworfen, „Mitglied“ dieser angeblichen kriminellen Vereinigung gewesen zu sein, sondern nur, diese „unterstützt“ zu haben. Der einzige konkrete Vorwurf, der Sven Skoda gemacht wird, ist ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz: Er soll eine nicht ordnungsgemäß behördlich angemeldete Demonstration geleitet haben. Die Höchststrafe für ein solches Vergehen ist ein Jahr Haft; im Regelfall bekommt der Täter eine geringe Geldbuße oder allenfalls eine Bewährungsstrafe von vielleicht drei bis sechs Monaten…. Um die Höchststrafe verhängt zu bekommen, muß einer schon mehrfacher Wiederholungstäter sein, was bei Skoda nicht geltend gemacht wird.

Trotzdem war der Mann zweiundzwanzig Monate in Haft. Auch das hat mit Rechtsstaat nichts, aber auch gar nichts mehr zu tun!

Während es im August 2012 kurz vor Eröffnung des Prozesses in Koblenz eine erste Demonstration gegen diesen Skandal gab, wurde am 5. Januar 2014 die Demonstration für den 15. März bei der Stadt Koblenz angemeldet. Lustig ist, daß bereits am Folgetag die letzten sieben Gefangenen aus dem angeblichen „Aktionsbüro“ freigelassen wurden; darunter auch Sven Skoda. Allerdings lag das wohl nicht daran, daß diese neuerliche Demonstration angemeldet worden ist. Denn zum Zeitpunkt der Aufhebung ihrer Haftbefehle war der Einschreibbrief vom 5. Januar vermutlich noch nicht einmal bei der Stadt Koblenz eingegangen und hätte mithin selbst bei sofortiger Informationsweitergabe durch die Stadt sowohl Staatsanwaltschaft als auch Gericht noch gar nicht bekannt sein können.

Ungeachtet der sehr erfreulichen Freilassung der letzten Gefangenen (nach überlangr Haft!) wird die Demonstration natürlich trotzdem durchgeführt; jetzt nicht mehr mit der Forderung nach Freilassung, sondern gegen die mit diesem unsinnigen Prozeß verbundene Repression und behördliche Willkür.

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