„Impfstern“ strafbar?

Die Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen und insbesondere die für jedermann drohende Impfpflicht sind eine echte Massenbewegung. Nach Auskunft der verschiedenen Länderpolizeibehörden waren am Montag, dem 24. Januar, ungefähr 382.000 (in Worten: dreihundertzweiundachtzigtausend!) Menschen demonstrativ unterwegs. Am Montag, dem 31. Januar, waren es ein paar weniger, „nur“ rund 290.000! Ob da wohl fast hunderttausend Menschen gefehlt haben, weil sie am Tag vorher den 30. Januar als Tag der hitlerschen Machtergreifung von 1933 gefeiert hatten und noch stark verkatert waren? Wir wissen zwar nicht einmal davon, daß in kleineren Kreisen solche Feiern stattgefunden haben, geschweige denn von rund neunzigtausend Menschen bundesweit, aber daß wir es nicht wissen, heißt ja noch lange nicht, daß es nicht geschehen sein könnte.

Mit diesem – wenngleich ein wenig weit hergeholten – hypothetischen Grund wäre dann ein bei Politik und Medien sehr beliebtes Narrativ bedient; nämlich das vom gewaltigen Einfluß der rechtsextremen oder gar neonazistischen Szene auf diese Massenevents.

Daß es tatsächlich ganz anders aussieht, weiß jeder, der mal an einer dieser Demonstrationen oder möglicherweise gar einem unangemeldeten „Spaziergang“ teilgenommen hat. Da trifft sich mehr oder minder die Mitte der Gesellschaft. Wobei Mitte ja nicht zwingendermaßen heißt, daß wirklich 100 Prozent zur Mitte gehören; Ränder gibt es überall. Und auf diesen Demonstrationen – wo der beliebteste Sprechchor lautet: „Frieden! Freiheit! Keine Diktatur!“ – finden sich auch viele, die ursprünglich von links kamen. Oder noch immer politisch links stehen. Vielleicht nicht ganz so verbohrt und vernagelt wie die organisierte „Antifa“, aber eben immerhin links.

Zur linken DNA – egal, wie sehr oder wenig verbohrt – gehört nun einmal das „nie wieder Faschismus!“ Das „Wehret den Anfängen!“ Und die Angst, daß man aus einer mehr oder minder noch funktionierenden Demokratie schleichend in eine Autokratie und von dieser dann in eine regelrechte Diktatur hineinrutschen kann. – Ängste, die gar nicht einmal so unbegründet erscheinen, wenn man sich überlegt, zu welchen massiven Einschnitten in die Bürgerrechte ein Virus führen kann, das ganz überwiegend sehr alte und stark vorerkrankte Menschen dahinrafft und das bestimmt nicht mit der mittelalterlichen Pest oder mit der „Spanischen Grippe“ des frühen 20. Jahrhunderts vergleichbar ist.

Deshalb sehen gerade Menschen mit ursprünglich linker Herkunft Ausgrenzungen weiter Bevölkerungsteile sehr, sehr skeptisch und fühlen sich an Ereignisse der 30-er beziehungsweise 40-er Jahre des vorigen Jahrhunderts erinnert.

Am 30. September 1938 erloschen per Verordnung die Approbationen der damals noch rund 3.100 in Deutschland lebenden jüdischen Ärzte. Lediglich einer kleinen Minderheit von wenig mehr als 700 wurde zugestanden, als sogenannte „Krankenbehandler“ auschließlich jüdische Patienten zu behandeln. Voraussetzung dafür war eine polizeiliche Registrierung; die Zulassung erfolgte auf Widerruf.

Nun verliert heutzutage in Deutschland kein Arzt seine Approbation, weil er nicht geimpft ist. Ihm wird auch nicht die Verwendung der (gesetzlich geschützten) Standesbezeichnung „Arzt“ untersagt. Aber ungeimpft darf er ab dem 16. März 2022 niemanden mehr behandeln – weder Geimpfte, noch Genesene, noch solche, die keines von beidem sind. Nur bei Pathologen sind wir uns nicht völlig sicher, ob das auch für sie gilt. Die können ihre „Patienten“ je nicht mehr mit irgendwas infizieren. Aber vielleicht kommt ein findiger Bürokrat darauf, daß auch Pathologen ihren Job nicht mehr machen dürften, wenn sie nicht geimpft sind: Immerhin könnten sie selbst sich ja an einem Leichnam mit Corona infizieren, schwer krank werden und dann das Gesundheitssystem belasten…

Ist aber nun der Vergleich zwischen der heutigen Ausgrenzung und der damaligen zulässig?

Darüber kann man geteilter Meinung sein. Einerseits ist der Mechanismus verblüffend ähnlich. Andererseits aber konnten Juden damals nichts daran ändern, daß sie Juden waren. In anderen Ländern hätten sie das wohl gekonnt, wenn sie vom jüdischen Glauben abgefallen wären und sich christlich hätten taufen lassen. Das nationalsozialistische Deutschland aber orientierte sich diesbzeüglich nicht an Glauben oder Weltanschauung, sondern ausschließlich an ethnisch-genetischen Fragen. Und in welche Ethnie man hineingeboren wird, kann sich niemand aussuchen, und diesen Fakt kann auch niemand ändern. Den Status von ungeimpft zu geimpft zu ändern, ist hingegen durchaus möglich.

Daß der Vergleich hinkt, macht ihn indes noch lange nicht strafbar.

Daß die Herrschenden ihn allerdings für brandgefährlich halten, liegt auf der Hand. Immerhin betonen sie in jeder ihrer Sonntagsreden die herausragende Wichtigkeit des „Kampfes gegen rechts“. Entsprechend empfindlich reagieren sie natürlich, wenn Teile des aufmüpfig gewordenen Volkes bei ihren Herrschenden plötzlich Verhaltensweisen sehen beziehungsweise benennen, die nazistisch, faschistisch, extrem rechts erscheinen.

Deshalb haben die Innenministerien mehrerer Bundesländer ihre Polizei angewiesen, das Tragen des sogenannten „Impfsterns“ zur Anzeige und damit zur strafrechtlichen Verfolgung zu bringen. Lustig, daß sich dann wohl auch der eine oder andere Linke mit dem Vorwurf der „Volksverhetzung“ konfrontiert sieht, den er bei anderen Gelegenheiten gern gegen Leute wie uns richtet….

Allerdings gibt es in dieser Angelegenheit bereits ein „höchstrichterliches“ Urteil, nämlich das des Oberlandesgerichts des Saarlandes. Bereits am 8. März 2021 entschied das Höchstgericht dieses Bundeslandes: „Die Verwendung des „Judensterns“ unter Ersetzung des Worts „Jude“ durch die Wörter „nicht geimpft“, „AFD Wähler“, „SUV Fahrer“ und „Islamophob“ in einem öffentlich zugänglichen Facebook-Profil erfüllt als Beitrag zur öffentlich geistigen Auseinandersetzung ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht den Tatbestand der Volksverhetzung gemäß § 130 Abs. 3 StGB und stellt auch keine Beleidigung der unter nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verfolgten Juden dar.(Rn.17)“

Für Interessierte: Zu finden hier

Allerdings ist das nur ein Oberlandesgericht von vielen. Deshalb sagen sich wohl so einige Innenministerien, lassen wir unsere Polizei das mal zur Anzeige bringen, vielleicht urteilen Gerichte in anderen Bundesländern eher in unserem Sinne als das in Saarbrücken.

Es leben die Segnungen des Föderalismus! – Im Saarland allerdings sollte – sofern nicht der Bundesgerichtshof anders entscheidet als das dortige Höchstgericht! – die Polizei mit solchen Anzeigen vorsichtig sein. Sie könnte sich sonst der „Verfolgung Unschuldiger“ schuldig machen.

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