Gäbe es einen offiziellen Weltmeistertitel im Empört-sein, so wäre fraglich, ob deutsche Gutmenschen bei der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Zeit ihn erhalten würden oder Türken, wenn – aus welchen Gründen auch immer – Landsleute von ihnen in Deutschland zu Tode kommen.

In Köln hat ein Haus gebrannt. Tragischerweise gab es zwei Tote und einige Verletzte. Einer der Toten war ein 30-jähriger Deutscher, die andere eine 19-jährige Kosovarin. Von den Verletzten sind einige Türken. Das Haus wird überwiegend von Ausländern bewohnt; offenbar nicht nur von Türken, falls die Kosovarin nicht lediglich zu Besuch war.

Die Polizei ermittelt noch und schließt auch einen Anschlag nicht grundsätzlich aus. Trotzdem empört sich der für Auslandstürken zuständige türkische Vizepremierminister Bekir Bozdag. Er meinte gegenüber türkischen Medien, die deutschen Behörden beschwichtigten immer schnell, es läge kein rechtsextremer Anschlag vor. Offenbar hat Herr Bozdag noch nicht einmal zur Kenntnis genommen, was die zuständigen Behörden überhaupt gesagt haben… Vielleicht hat er die Vorstellung, wann immer es in einem auch von Türken bewohnten Haus brennt, müsse zunächst einmal und in allererster Linie und überhaupt und aus Prinzip von einem ausländerfeindlichen Anschlag ausgegangen werden. Er stellt sich in dem Zusammenhang die Frage, warum es denn ausgerechnet in solchen Häusern offenbar häufig defekte Stecker gäbe… Eine defekte Stromleitung – möglicherweise sogar von den Bewohnern selbst manipuliert – hatte zu der Brandkatastrophe in Backnang bei Stuttgart geführt, bei der eine Türkin und sieben ihrer Kinder ums Leben gekommen waren.

Nach den ersten Erkenntnissen der Polizei ist im Fall Köln möglicherweise ein im Hausflur stehender Kinderwagen Ausgangsort des Feuers; Brandbeschleuniger konnte bisher nicht festgestellt werden, allerdings wird dies wohl von Sachverständigen noch gründlicher zu prüfen sein.

Wenn die These vom Kinderwagen als Ausgangsort des Brandes richtig sein sollte, muß allerdings auch darauf hingewiesen werden, daß es in Deutschland feuerpolizeiliche Bestimmungen gibt. Nach diesen ist es nicht zulässig, im Treppenhaus Kinderwagen, Möbel oder was immer abzustellen. Das gehört in die Wohnung, in den Keller oder auf den Dachboden, gerade eben auch, um Brandgefahren zu vermindern.

Man stellt sich hier die Frage, ob die offenbar künstliche Empörung des Herr Bozdag möglicherweise politisches Kalkül ist: Je mehr er suggeriert, daß in Deutschland Anschläge wie vor nunmehr zwanzig Jahren die von Mölln und Solingen an der Tagesordnung seien, desto mehr lenkt er davon ab, wie viele vornehmlich junge deutsche Männer durch hier lebende Türken zu Tode gebracht werden. Damit klingt es ein bißchen nach „haltet den Dieb“. Aber statt sich mit klaren Worten gegen eine solche mindestens unterschwellige Unterstellung des türkischen Vizepremierministers zu verwahren, drücken deutsche Politiker sehr zurückhaltend nur ihr Bedauern über solche Äußerungen aus. Allein schon diese schwache Reaktion könnte Herrn Bozdag in seinen an Paranoia grenzenden Vermutungen bestärken.

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