Ein „aufgebauschtes Problem“

Vor etwa sieben Jahren nannte die nunmehrige Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, „den Linksextremismus ein aufgebauschtes Problem“. Sie versäumte leider, die ausdrücklich auf ihre Residenz, die Landeshauptstadt Schwerin, zu beziehen. Hätte sie das so eingegrenzt, hätte man ihr schwerlich widersprechen können: In dem beschaulichen Schwerin mit seinen rund hunderttausend Einwohnern gibt es tatsächlich keine wirklich bedeutsame militante linke Szene. Aber die gute Frau meinte es allgemein, bezogen auf die ganze Bundesrepublik.

Wie „aufgebauscht“ das Problem ist, zeigten dieser Tage sogenannte „Aktivisten“ im Umfeld der Rigaer Straße in Berlin.

Schon am Tag vor einer von den Bewohnern nicht gewollten Begehung zur Überprüfung des Brandschutzes zeigten so ungefähr 200 vermummte Figuren ihre Affinität zu Feuer: Sie errichteten eine Barrikade u.a. aus alten Autoreifen und zündeten diese an. Die Rauchsäule war kilometerweit zu sehen. Die unter Polizeischutz anrückende Feuerwehr sah sich aus Sicherheitsgründen nicht imstande, das Feuer mit ihren eigenen zivilen Löschfahrzeugen zu bekämpfen. Stattdessen mußte ein Wasserwerfer der Polizei herhalten, die dann letztlich den gleichen Dienst tat.

Um diese „Barri“, wie Barrikaden im linksextremen Sprachgebrauch liebevoll genannt werden, zu verteidigen, flogen dann auch wieder massenhaft Steine und Flaschen. Wahrscheinlich mehr Steine als Flaschen; Steine sind bekanntlicherweise billiger…. Etliche davon wurden auch von Hausdächern aus geworfen. Die Häuser dort haben immerhin vier bis fünf Stockwerke, und ein aus dieser Höhe herunterfliegender Pflasterstein kann selbst für Leute, die einen Helm auf dem Kopf haben und Körperpanzer tragen, schon mal ein tödliches Geschoß sein. Folgerichtig ermittelt die Staatsanwalt nicht allein wegen Landfriedensbruch und schwerer Körperverletzung, sondern auch wegen versuchter Tötungsdelikte. Ob Frau Schwesig diese rechtliche Bewertung für „aufgebauscht“ hält?

Je nach bevorzugter Mainstremquelle wurden bei der Aktion entweder achtzig und zweiundachtzig Polizeibeamte verletzt; wobei die beiden Zahlen nicht richtig weit auseinanderliegen.

Am nächsten Tag verschaffte dann die Polizei einem Brandschutzingenieur Zutritt zu dem Haus. Auch das erwies sich nicht als einfach. Zur Beseitigung physikalischer Hindernisse mußten unter anderem eine Kettensäge sowie eine mit einem Benzinmotor betriebene Flex (Trennschleifer) eingesetzt werden. Bewohner oder Besetzer des Hauses reagierten, indem sie in dem engen Flur den Inhalt eines Feuerlöschers auf die Polizisten sprühten, woraufhin acht Beamte über Atemwegsreizungen klagten. Andere erlitten Knalltraumata, als man sie im Innenhof des Anwesens mit Böllern bewarf. Farbbeutel und Obst konnten da eher noch als die harmloseren Wurfgeschosse gelten.

Am Inspektionstag fiel der „Bodycount“ der Linken allerdings ein wenig spärlicher aus als am Vortag: Diesmal wurden nur zwanzig Polizisten verletzt. Daß es für die Einsatzkräfte ein wenig unglimpflicher abging, könnte auch daran gelegen haben, daß Sondereinsatzkommandos (SEKs) die Dächer der umliegenden Häuser gesichert hatten. Ob Frau Schwesig den Einsatz des SEKs für aufgebauscht und überzogen hält, ist zur Stunde leider noch nicht bekannt.

Aber das Herunterspielen und Kleinreden ist nicht allein Privileg der Sozi-Frau Schwesig. Andere – durchaus etablierte – linke Kreise haben das genauso drauf. Nach einem Bericht der WELT haben es Abgeordnete der Grünen und der Linken im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg abgelehnt, von „linksextremer Gewalt“ bei den Vorfällen in der Rigaer Straße 94 zu sprechen.

Also alles nur „aufgebauscht“.

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