Auf dem Photo in der Online-Ausgabe des SPIEGEL sieht Bundesinnenminister Friedrichs verkniffen aus. Wahrscheinlich ist die Aufnahme nicht aus aktuellem Anlaß gemacht worden, sondern aus dem Archiv ausgewählt. Aber zweifellos eine passende Wahl, denn der arme Mann hat wohl Grund, verkniffen zu wirken.

Der Grund dafür ist die allerdings noch vage Erinnerung eines Bundesanwalts. Wie so mancher Staatsjurist hat der Mann eine Karriere hinter sich, die nicht völlig uninteressant ist. Vor rund zehn Jahren war er nämlich Unter-Abteilungsleiter im Innenministerium und mit der Bearbeitung des damaligen NPD-Verbots befaßt. Beim Scheitern dieses Verfahrens im März 2003 spielten bekanntlich V-Leute eine besondere Rolle. Und jetzt erinnert der Beamte sich, damals in diesem Zusammenhang möglicherweise auch den Namen Ralf Wohlleben gelesen zu haben.

Noch ist die Erinnerung, wie gesagt, vage und daher mit einiger Vorsicht zu genießen. Immerhin aber drängte sowohl sie als auch sein Gewissen den Bundesanwalt, eine sogenannte „Dienstliche Erklärung“ abzugeben. Ein solches Papier ist von einem gewissen Gewicht.

Und damit bekommt der „NSU“-Fall möglicherweise zusätzliche Brisanz.

Daß der damals als „Jenaer Bombenbautrio“ bekannten späteren „Zwickauer Zelle“ ausgerechnet von einem V-Mann des Berliner Landeskriminalamtes ungefähr ein Kilo TNT geliefert worden ist, ist ja schon ein starkes Stück. Aber selbst dieser Skandal ließe sich noch überbieten, wenn sich bewahrheiten sollte, daß der Lieferant der Mordwaffe mit dem ausgefallenen Kaliber ebenfalls V-Mann gewesen sein sollte. Das würde letztlich sogar nahelegen, daß diese Waffe mit Staatsgeld bezahlt worden ist…

Ralf Wohlleben, der bis zu seinem Austritt aus der NPD vor ungefähr zwei Jahren Funktionär dieser Partei war, ist außer Beate Zschäpe der einzige angebliche oder tatsächliche Unterstützer des „NSU“, der sich in Haft befindet. Bei anderen, die Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe vor über zehn Jahren beim „Abtauchen“ geholfen haben sollen, sind die Taten verjährt. Wohlleben allerdings wird Beihilfe zum Mord vorgeworfen, weil von ihm die Mordwaffe gestammt haben soll und weil er zudem gewußt haben soll, daß diese tatsächlich zum Zwecke von Morden benutzt werden sollte.

Wohlleben selbst äußerst sich zu den Tatvorwürfen bisher nicht, was aus seiner Sicht bestimmt klug ist. Eine Stellungnahme zu dem Vorwurf, V-Mann gewesen zu sein, liegt von ihm natürlich auch noch nicht vor. Er wird in seiner Gefängniszelle davon möglicherweise noch gar nichts wissen. Und selbst wenn er es inzwischen erfahren haben sollte, wird er noch keine Gelegenheit gehabt haben, sich der Öffentlichkeit gegenüber zu äußern. Die Frage aber, ob er das tut oder nicht, wird von einigem Interesse sein

Ergänzung:.

Ralf Wohlleben hat sich inzwischen aus der Haft gemeldet und mitteilen lassen, daß er niemals mit irgendeinem Sicherheitsdienst zusammengearbeitet habe.

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