Jedes Mal, wenn ich den Namen Jelpke ausspreche, habe ich den Eindruck, daß mein Zwerchfell spastisch kontrahiert, was den bekannten Schluckauf oder Hickser auslöst. Vielleicht hat es tiefenpsychologische Gründe, oder mein Lautbildungssystem hat einfach Probleme mit der Konsonantenfolge L-P-K. Ich gebe zu, daß das für die Ulla ein wenig diskriminierend ist, aber sie wird es mir vermutlich verzeihen: Ihrer ideologischen Vorstellung nach darf man von einem wie mir ja nicht viel anderes als Diskriminierung erwarten. Und wenn sie sich doch ärgert und nicht zum Verzeihen neigt, dann sei eben des fairen Ausgleichs wegen darauf verwiesen, daß sie den für mich etwas problematischen Nachnamen immerhin doch mit einem schönen, wenn auch etwas altmodischen Vornamen verbinden kann.
Warum ich dieser Tage häufiger als sonst Gelegenheit habe, mich an dem Namen Jelpke zu üben? (Vielleicht so häufig, daß ich ihn eines Tages ohne das Empfinden, gerade Schluckauf zu haben, aussprechen kann.)
Das liegt daran, daß Frau Jelpke einen eleganten Zug gemacht hat. Politisch gesehen. So elegant, daß man ihn über alle weltanschaulichen Gegensätze hinaus geradezu genießerisch würdigen muß. Frau Jelpke (oder die Fraktion der LINKEN im Bundestag, der sie angehört) hat der Bundesregierung eine Frage gestellt. Die Frage lautete sinngemäß, was eigentlich aus Mitgliedern der verbotenen Kameradschaften, speziell in Nordrhein-Westfalen, geworden sei? Die Regierung antwortete darauf sinngemäß, daß es gerade in Nordrhein-Westfalen die Partei DIE RECHTE geschafft habe, „die Wirksamkeit der Vereinsverbote abzuschwächen“.
Das brachte die antifaschistisch orientierte Ulla Schluck…, äh, pardon, Ulla Jelpke dazu, die Regierungen von Bund und NRW aufzufordern, „umgehend“ ein Verbot der Partei zu prüfen. Und um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, fügte sie hinzu, sie würde sonst ihrer Fraktion vorschlagen, selbst einen Antrag auf ein formelles Parteiverbotsverfahren zu stellen. Das hat entweder die Presse oder Frau Ulla selbst allerdings ein wenig unkorrekt formuliert. Die Fraktion der LINKEN im Bundestag kann keinen solchen Antrag stellen. Sie kann nur den Antrag stellen, der Deutsche Bundestag möge einen solchen Antrag stellen. So ist es richtig ausgedrückt. Einen Antrag auf Antragstellung. (Auf Erteilung eines Antragsformulars zur Bestätigung der Nichtigkeit des Durchschriftexemplars? Ach nein, das war ja der Text von Reinhard Mey.)
Das wäre – aus Sicht der LINKEN – elegant. Es würde nämlich die Bundestagsmehrheit in Verlegenheit bringen. Die werden derzeit herzlich wenig Lust haben, neben dem laufenden Verbotsantrag der Länderkammer vor dem Höchstgericht in Karlsruhe eine zweite Front zu eröffnen. Vor allem nicht, wenn das Objekt einer möglichen Verbotsbegierde derzeit von der Mitgliederstärke her gerade mal ein Zehntel der NPD darstellt. Aber auch ansonsten gäbe es für die meisten Abgeordneten wohl eine Reihe guter Gründe, erst mal den Gang des NPD-Verfahrens abzuwarten, bevor sie sich mit einem weiteren Parteiverbot versuchen oder dann feststellen müssen, daß es sowieso zwecklos ist. Die rein sachlichen Gründe, warum so ein Schritt derzeit nix bringt, könnte sogar ich auflisten und würde dafür noch nicht mal Zeilenhonorar verlangen; wäre eine reine Gefälligkeitsarbeit. Aber wenn die Mehrheit des Deutschen Bundestages einen solchen Antrag der Fraktion der LINKEN ablehnt, bringt sie das natürlich in Erklärungsnot. Die eigentlichen sachlichen Gründe können sie schlecht nennen; das wäre Wasser auf unsere Mühlen. Ist ja ein Unterschied, ob der juristische Stab der Partei DIE RECHTE oder ich persönlich das darlegen oder die Mehrheitsfraktionen des Deutschen Bundestages…. Also müßten sie mit eher lauen Ausreden kommen. Man nennt das eine Zwickmühle. Chapeau, Frau Ulla! Ham Se jut jemacht! – So gut, daß im Kreise der Parteimitglieder bereits beraten wird, für einen Blumenstrauß für Frau Ulla zu sammeln, wenn sie es fertigbringt, daß Ihre Fraktion tatsächlich diesen Antrag im Deutschen Bundestag einreicht.
So mögen wir das indirekte Zusammenspiel mit antifaschistischen Linken/Linkinnen oder LinkX, wie auch immer man das geschlechtsneutral genderkorrekt schreibt. Ist wie beim Doppelpaßspiel im Fußball. Kommt zwar im Fernsehen nicht ganz so gut rüber wie entsprechende Aktionen von Jogi Löws Mannen/Manninen (oder ist das bei einer Herrenmannschaft jetzt auch wieder diskriminierend?), aber Spaß macht es trotzdem.
Dafür riskiert man dann auch gern mal die Unnanehmlichkeiten eines kleinen Schuckaufs.
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