Staatsfeinde ohne Ende!

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat festgestellt, daß ungefähr fünf Prozent
der Menschen in Deutschland – also über vier Millionen! –
„reichsbürger-affin“ sind. Eine hübsche neue Wortschöpfung. Denn die
eigentliche Reichsbürger-Szene wird von den Sicherheitsbehörden auf rund
23.000 Menschen veranschlagt, was natürlich sehr viel harmloser klingt
als die fast zweihundert Mal so hohe Zahl „affiner“ Menschen,

Weil es eine neue Wortschöpfung ist, die im allgemeinen Sprachgebrauch
noch nicht angekommen ist, liefert die CDU-nahe Stiftung dann auch
gleich eine Definition dafür. „Affin“ zu den Reichsbürgen ist, wer ihrer
Kenthese zustimmt, die Bundesrepublik sei nicht souverän, sondern werde
immer noch von den (jetzt: westlichen) Besatzungsmächten des Zweiten
Weltkrieges beherrscht.

Nun muß man aber ein klein wenig aufpassen, denn das sind zwei Thesen in
einer. Nicht souverän heißt, daß man – mindestens teilweise – von
Fremden beherrscht wird; aber hier wird nur eine Fremdherrschaft als
Alternative angeboten. Es mag etliche Menschen geben, die der BRD die
(zumindest volle) Souveränität absprechen, ohne davon auszugehen, daß
die eigentlichen Herrscher die Westalliierten sein müssen. Es käme ja
auch die EU-Bürokratie in Frage oder „der internationale Kapitalismus“,
wie immer man ihn definieren möchte.

Übrigens war es bis vor etwas über einem Jahrzehnt sogar strafbar, der
BRD die Souveränität abzusprechen. Das galt als „Verunglimpfung des
Staates“ im Sinne von § 90 a Strafgesetzbuch. Immerhin mit einer
Höchststrafe von drei Jahren bedroht; und wenn einer den Staat BRD
verunglimpfte, „wenn der Täter sich durch die Tat absichtlich für
Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen
Verfassungsgrundsätze einsetzt“.

Dem hat allerdings das Bundesverfassungsgericht einen Riegel
vorgechoben. Es erklärte, daß es zulässig sei, einem Staat die
(zumindest vollständige) Souveränität abzusprechen, wenn dieser Staat
erstens keine eigene Währung habe und zweitens (zumindest aufgrund
internationaler Verträge) keine vollständige Kontrolle über seine
Außengrenzen. Das war eines der damals ganz überwiegend noch sehr
nachvollziehbaren Urteile dieses Höchstgerichts.

Vielleicht hat diese Entkriminalisierung der Ansichten über die
SOuveränität mit dazu beigetragen, daß auf die Fragen der
Konrad-Adenauer-Stiftung offenherziger geantwortet wurde als das vorher
der Fall gewesen sein könnte. Oder aber die Frage der mangelnden
Selbständigkeit des Staates im Bereich staatlicher Kernaufgaben ist in
den letzten zwanzig Jahren immer offensichtlicher geworden.

Wie auch immer, eines konnte uns die jährlich mit Multi-Millionen Euro
an Steuergeldern ausgestattete Stiftung nicht verraten: Wie kann denn
auf Dauer ein Staat sinnvoll existieren, wenn fünf Prozent seiner
Einwohner Staatsfeinde sind?!

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