Erinnert sich noch jemand an Daniel „Danny“ Dattel, den Devisenhändler der im Jahre 1974 pleite gegangenen Herstatt-Bank? 1976 wurde er wegen Verdachts auf  Untreue, Betrug und Bilanzfälschung zusammen mit ein paar anderen Managern der Bank festgenommen und verbrachte einige Wochen in Untersuchungshaft. In dem drei Jahre später begonnenen Prozeß wurden zwei andere Manager zu jeweils rund zweieinhalb Jahren Haft und einer für Manager nicht gerade übertrieben hohen Geldstrafe von 45.000 D-Mark verurteilt. Dattel allerdings ging straffrei aus. Nicht, weil er unschuldig war und freigesprochen wurde. Oder weil an seiner Schuld zumindest hinreichende Zweifel bestanden und nach dem Rechtsgrundsatz „in dubio pro reo“, im Zweifel für den Angeklagten, verfahren wurde. Nein, der damals 39 Jahre alte und körperlich kerngesunde Mann wurde von Gutachtern für verhandlungsunfähig erklärt. Grund dafür war, daß er 1944 – als Vierjähriger – im Konzentrationslager Auschwitz interniert gewesen war. Zu seinem Glück hatte er das Konzentrationslager zwar überlebt, sogar körperlich unbeschädigt, aber er hatte das sogenannte „KZ-Syndrom“ davongetragen. Und das machte ihn nach gutachterlicher Aussage eben verhandlungsunfähig.

Danny Dattel ist ein Beispiel für „positives Sonderrecht“. Also für ein Sonderrecht, das sich in dem Fall für ihn positiv ausgewirkt hat, da er anderenfalls aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls zu zwei Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt worden wäre.

Aber nicht nur Goethe meint, wo viel Licht ist, ist auch Schatten.

Folglich gibt es auch „negatives Sonderrecht“.  Negativ insofern für den oder die Betroffenen.

Ein Beispiel hierfür könnte Axel Möller sein. Der Stralsunder wurde als Betreiber des Internet-Portals „Altermedia“ im Herbst 2011 zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, die er seit ungefähr neun Monaten in der örtlichen Haftanstalt absitzt. Anders als die drei Musikerinnen von „Pussy Riot“ in Rußland ist er von der internationalen Gefangenenhilfsorganisation „Amnesty International“ nicht als politischer Gefangener anerkannt worden, und bis auf ein paar rechte Szene-Musiker haben sich auch keine international berühmten Künstler für seine Freilassung eingesetzt….

Dafür wird er weiter verfolgt oder zumindest schikaniert.

Beispielsweise mußte er erst vor der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts die Haftanstalt verklagen, um die konservative Wochenzeitung „Junge Freiheit“ lesen zu können. Obwohl die „Junge Freiheit“ schon vor Jahren erfolgreich gerichtlich hat feststellen lassen, daß sie nicht „rechtsextrem“ sei, sollte sie angeblich Möllers „Vollzugsziel“ gefährden.

Einen besonderen Fall von Schikane erlebt der inhaftierte Publizist zur Zeit durch das Bundesamt für Justiz. Dieses möchte von ihm 1.000 Euro Schmerzensgeld haben, die ein „Fonds für Opfer von Extremismus“ an eine Frau Bianca Klose vorsichtshalber schon mal ausgezahlt hat, natürlich aus staatlichen MItteln. (Sonst würde ja nicht ein Bundesamt das Geld von Axel Möller zurückfordern.)

Bianca Klose wird von der linken „tageszeitung“ (TAZ) als „Berlins Vorzeigestreiterin gegen Neonazis“ bezeichnet. Das bringt zwar öffentlichen Applaus und – wie wir gesehen haben – hin und wieder auch materielle Zuwendungen aus irgendeinem seltsamen Topf öffentlicher Gelder, aber man macht sich damit nicht ausschließlich Freunde. Vor allem nicht, weil man als „Streiterin gegen Neonazis“ bisweilen auch in einen Topf mit Leuten geworfen wird, die sich nicht immer friedlicher Mittel bedienen.

So gab es vor drei Jahren einen Anschlag auf eine in Berlin bekannte rechte Szenekneipe namens „Der Henker“. Da es in der Medienlandschaft eine gewisse Tendenz gibt, linke Gewalt zu verschweigen oder kleinzureden, sah Möllers Blog „Altermedia“ sich um so eher zur Berichterstattung hierüber veranlaßt.

In dem Artikel wurde der Name Klose nicht einmal erwähnt.

Allerdings zeichnen solche Blogs sich dadurch aus, daß es eine Kommentarspalte gibt. Und etliche Leser halten die sogar für interessanter als die eigentlichen Artikel. So mancher meinte in seiner Eigenschaft als anonym bleibender Kommentator, für diesen Anschlag auf „den Henker“ auch Frau Bianca Klose verantwortlich machen zu können, und es gab ein paar unhöfliche Bemerkungen über sie, genauer genommen wohl Beleidigungen und Bedrohungen.

Zum Ausgleich für Angstattacken, schlaflose Nächte und sonstigen Seelenschaden, den Frau Klose durch diese Kommentare erlitten haben könnte, bekam sie die erwähnten 1.000 Euro Schmerzensgeld. Die man jetzt von Herrn Axel Möller zurückhaben möchte.

Eine etwas fragwürdige Handhabung. Wenn der Normalverbraucher Schmerzensgeld von irgendjemandem haben möchte, muß er das Prozeßkostenrisiko selbst tragen. Für Frau Klose aber tritt dieser staatlich finanzierte „Fonds“ in Vorlage, und das Prozeßkostenrisiko übernimmt das Bundesamt der Justiz.

Es gäbe allerdings eine Möglichkeit, das „negative Sonderrecht“ für Axel Möller wieder auszugleichen.

Anläßlich seines Prozesses vor dem Landgericht Rostock schmierten unbekannt gebliebene Täter Haßparolen an die Wand das Gerichtsgebäudes, die darin gipfelten, zur Ermordung von Möller aufzurufen. Sicherlich wird ihm das in vergleichbarem Maße Angstattacken, schlaflose Nächte und sonstigen Seelenschaden beigebracht haben wie der bedauernswerten Frau Klose. Sicher steht ihm auch dafür Schmerzensgeld zu. Denn wer solche Parolen an Häuserwände schmiert, wird zweifellos ein Extremist sein, und mithin ist auch Axel Möller ein Opfer des Extremismus.

Da soll sich doch das Bundesamt einfach Möllers Schmerzensgeldforderung abtreten lassen, und schon ist Ruhe. Und Axel Möller kann sich in seiner einsamen Gefängniszelle weiterhin der Lektüre der „Jungen Freiheit“ widmen oder dem Tütenkleben oder was immer man an solchen Orten sonst tut.

Leave your comment to Cancel Reply

Your email address will not be published.