Wir waren in Versuchung, den Artikel „Polnischer Terror“ zu titeln. Aber das wäre mißverständlich gewesen, weil die Polen eigentlich unschuldig sind. Der Stein des Anstoßes, nein, der Böller des Anstoßes, stammt zwar meistenteils aus Polen (gelegentlich wohl auch aus Tschechien), aber dort ist er – anders als in der BRD – legal.

Osteuropäische Völker haben es manchmal gern ein wenig robuster als die empfindsamen BRD-Behörden. Da kann man es schon mal lauter krachen lassen als hierzulande. Ist ja auch in Ordnung, immerhin kann jedes Volk über seine Sitten und Gebräuche selbst bestimmen.

Lustig wird es jedoch, wenn des einen Spielzeug des anderen Mordinstrument wird.

Im sächsischen Freital – unweit Dresden – ist die Polizei mit zwei Hundertschaften angerückt, darunter auch die Spezialtruppe „GSG 9“, die seit der nun fast vierzig Jahre zurückliegenden Entführung des Lufthansa-Flugzeuges „Landshut“ international einen Ruf als besonders kompetente Anti-Terror-Truppe hat. Dieses beachtliche Aufgebot diente der Festnahme von fünf Personen, die nunmehr in den Medien als „Rechtsterroristen“ dargestellt werden.

Zu ihren Verbrechen soll unter anderem „versuchter Mord“ gehören. Begangen eben mit einem solchen Polenböller, mit denen man – d.h. diese Gruppe und drei bereits inhaftierte weitere Gruppenmitglieder – in wechselnder Zusammensetzung Asylbewerberheime und ein linkes Wohnprojekt angegriffen haben. Da die Sprengkraft der in Polen oder Tschechien als harmlos geltenden, hierzulande aber nicht zugelassenen Pyrotechnik ausgereicht hat, Fensterscheiben Splittern zu lassen und da ein syrischer Asylbewerber oder Bürgerkriegsflüchtling (oder Armutsflüchtling) sich an den Splittern verletzt hat, ist das also „versuchter Mord“: Damit höchst melodramatisch die Bundesanwaltschaft die Sache übernehmen und die GSG 9 losschicken kann. Wohl weniger, weil beim Einsatz von drei, vier Streifenbeamten zur Festnahme je eines Verdächtigen diese Beamten mit erheblicher Eigengefährdung hätten rechnen müssen, als eher aus, sagen wir mal ganz offen, propagandistischen Gründen.

Hier könnte man ernstlich überlegen, ob die Grenze zum Amtsmißbrauch durch solche vermeintlichen „Signale“ nicht überschritten ist.Wohlweislich aber hat der Gesetzgeber die meisten Fällen von Amtsmißbrauch straffrei gestellt; darunter wohl auch diesen. Eine Anzeige gegen Bundesanwaltschaft und die in ihrem Auftrag exekutierende GSG 9 entbehrt daher zwar nicht der moralischen, wohl aber der juristischen Grundlage.

Der Mißbrauch besteht darin, daß man die Verwendung eines nur im extremsten Ausnahmefalls zum Tode führenden Böllers mit einer tödlichen Waffe gleichsetzt, um „versuchten Mord“ behaupten zu können, was wiederum die Voraussetzung dafür ist, die Betroffenen zur „terroristischen Vereinigung“ erklären zu können.

Nun warten wir im Umkehrzug mal darauf, daß gegen Antifa-Banden wegen Bildung von terroristischen Vereinigungen ermittelt wird und die Bundesanwaltschafrt die GSG 9 gegen diese vorgehen läßt .Denn Pflastersteine auf ungeschützte Menschen zu werfen, ist weit eher „versuchter Mord“, als Polenböller auf eine Fensterbank zu legen und zu zünden…

Wenn jemand wissen möchte, wie wirklicher Terror aussieht oder aussehen könnte, dann hätte er sich am Tage dieses so medienwirksamen „Zugriffs“ durch die Spezialeinheit (Dienstag, 19. April) auch die BILD-Zeitung kaufen können. Der entnehmen wir, daß nach einer Einschätzung des italienischen Sicherheitsdienstes, die dieser unter anderem auch an deutsche Sicherheitsdienste weitergeleitet hat, im Sommer konkrete Pläne von Islamisten bestehen sollen, gegen Badegäste in Italien und Spanien vorzugehen. Das erweckt Erinnerungen an den vergangenen Sommer, als im tunesischen Sousse ein offenbar dem ISIS zugehöriger Terrorist mit einem Sturmgewehr 38 Menschen nicht nur zu ermorden „versucht“, sondern tatsächlich ermordet. So sieht richtiger Terror aus. Der nach Ansicht der italienischen Fachleute künftig nicht nur an nordafrikanischen Stränden zu erwarten ist, sondern auch im vermeintlich noch sicheren Südeuropa. Und wenn Nachahmer des Tunesien-Strand-Attentäters nach dem Gebrauch vollautomatischer Schußwaffen ihren Massenmord auch noch damit krönen, daß sie außer sich selbst noch ein paar weitere Menschen in die Luft sprengen, dann werden sich die Angehörigen der Opfer vielleicht wünschen, es wären nur Polen-Böller gewesen, die da gezündet wurden.

Aber die Gleichsetzung als „Terror“ ist natürlich legitim, wenn es nur dem „Kampf gegen rechts“ dient. Nichts ist bizarr genug, wenn die Machthaber merken, daß nicht nur einzelne Gewalttäter, sondern breiteste Volksmassen ihrem Einfluß zu entgleiten drohen.

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