…wollte der langjährige Kanzler der Republik, Helmut Kohl, im Jahr 1982 loswerden. Damals, kurz nach seinem Amtsantritt, hatte er ein Gespräch mit Englands Regierungschefin Margaret Thatcher, besser bekannt als „Eiserne Lady“. Nur zwei Zeugen waren zugegeben, von denen der Brite – Assistent bzw. Sekretär von Mrs. Thatcher – ein Protokoll geführt hat, das in England als „geheim“ eingestuft wurde. Die Geheimhaltungsfrist ist inzwischen abgelaufen, und damit kann der interessierte Leser feststellen, wie der nunmehrige Ex-Kanzler Kohl vor rund dreißig Jahren „getickt hat“.

In der Zuwanderung von Portugiesen, Italienern und selbst Südostasiaten sah er kein Problem, weil diese Gemeinschaften sich gut integrierten. Auch rühmte er gegenüber Mrs. Thatcher die Leistung, Deutschland habe 11 Millionen Deutsche aus Osteuropa integriert. (Wobei er allerdings verschwieg, daß der größte Teil davon Kriegs- und Nachkriegsflüchtlinge waren, aufgewachsen in deutschem Land mit deutscher Muttersprache, die daher nicht wirklich „integriert“ werden mußten. Oder allenfalls so sehr wie ein Bayer, der nach Rügen verzieht, um auf den Titel einer beliebten Vorabendserie anzuspielen.) Die Türken hingegen kämen aus einer sehr andersartigen Kultur. Nicht-Europäer halt. Besonders Zwangsehen und Schwarzarbeit hob er als wesentliche Merkmale der Türken hervor und meinte, Integration von Ausländern in der BRD könne nur gelingen, wenn die Zahl der hier lebenden Ausländer nicht steigen würde.

Mit letzterem Satz hatte er zweifellos nicht nur recht, sondern erwies sich als geradezu hellsichtig: Parallelgesellschaften und Ghettos, wie sie inzwischen entstanden sind, beweisen genau dies. Andere Äußerungen aber wären nach heutigen Kriterien wohl hart am Rande der Volksverhetzung. Wer heutzutage meint, Erscheinungen wie Zwangsehen und Schwarzarbeit seien für „die Türken“ typisch, der kann sich sehr rasch mit Staatsanwalt oder Richter konfrontiert sehen. Eine Konfrontation übrigens, die in den meisten Fällen für den Nicht-Juristen nachteilhaft ausgeht.

Mindestens müßte der im Gegensatz zu Mrs. Thatcher noch lebende Altkanzler bei einer heutigen Wiederholung seiner damaligen Ansichten wohl damit rechnen, „sarraziniert“ zu werden. Auch wenn die vorsorglich geheimgehaltenen damaligen Pläne vor dreißig Jahren wohl durchaus mehrheitsfähig gewesen wären.

Damit sehen wir also: Was vor dreißig Jahren noch als mehrheitsfähig und im bürgerlichen Sinne nicht unanständig galt, ist heute in die extrem rechte Ecke abgedrängt. Woran Helmut Kohl, der von diesen dreißig Jahren immerhin sechzehn Jahre lang Bundeskanzler war, bestimmt nicht unschuldig ist.

Das einzige Verdienst, das man gegen diese Mitschuld gegenrechnen kann, ist, daß der Vergleich seiner damaligen Absichten mit den heutigen Verhältnissen bildhaft macht, wie weit die Republik binnen einer Generation nach links, nach linksaußen, gerutscht ist. Aber auch das ist ein Verdienst, das nur bedingt Herrn Kohl zukommt. In erster Linie wohl eher Mr. A.J. Coles, dem damaligen Privatsekretär der britischen Kanzlerin und Verfasser des in der Akte PREM 19/1036 enthaltenen Dokuments.

 

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