In Nordrhein-Westfalen gab es am heutigen Donnerstag eine Razzia. Ungefähr 900 Polizeibeamte waren im Einsatz und durchsuchten ungefähr 120 Objekte, die meisten davon (angeblich 93) in Dortmund. Hintergrund war ein Ukas von Nordrhein-Westfalens Innenminister Jäger. Er verbot die „Kameradschaft Aachen Land“, die „Kameradschaft Hamm“ und letztlich den „Nationalen Widerstand Dortmund“. Bei der „Kameradschaft Aachen Land“ gab er offen zu, daß es schwierig war, vereinsmäßige Strukturen auszumachen, die überhaupt erst ein Verbot ermöglichen. Aber was nicht paßt, wird halt passend gemacht, und so fanden sich auch im Großraum Aachen Leute, denen man die Verbotsverfügung zustellen konnte. Ob die nun wirklich Vereinsmitglieder sind oder nicht, interessiert wahrscheinlich ohnehin so gut wie niemanden.

„Wir reißen damit große Löcher in das Netzwerk der Nazis“, verkündete der Innenminister des bevölkerungsreichsten Bundeslandes anscheinend zufrieden.

Das mit den Löchern kann man sich folgendermaßen vorstellen: In Dortmund wurde ein Büro beschlagnahmt, ein privat angemeldetes Kraftfahrzeug und eine Firma. Zur Begründung mußte herhalten, daß sich in diesem Büro beziehungsweise früheren Ladengeschäft Angehörige des „Nationalen Widerstandes Dortmund“ öfter getroffen hätten und es daher ein „Vereinslokal“ sei. Die Begründung für die Beschlagnahme eines VW-Busses, der einer Privatperson gehört, könnte möglichersweise sein, daß dieser VW-Bus erst letztes Wochenende in Koblenz als Lautsprecherwagen eingesetzt worden ist – peinlicherweise allerdings nicht auf einer Demonstration, die der „Nationale Widerstand Dortmund“ angemeldet oder durchgeführt hat…. Und was die Beschlagnahme der Firma betrifft – ein Versandhandel für in rechten Kreisen beliebte Kleidung, Aufkleber und sonstige ähnliche Artikel – , so soll diese zur Finanzierung des „Nationalen Widerstandes Dortmund“ beigetragen haben. Der Inhaber dieser Firma wird wohl nun zumindest vorübergehend von staatlicher Transferleistung leben müssen, weil die Firma nun mal sein Gewerbe und damit die Lebensgrundlage für ihn und seine junge Familie – Frau und ein Kleinkind – war…

Zur Zeit protestieren übrigens Betroffene und deren Freunde in Dortmund auf einer spontan angemeldeten Kundgebung.

Skurril in dem Zusammenhang ist so manche Medienmeldung. Das Magazin „Focus“ („Fakten, Fakten, Fakten!“) berichtet: „Nach Waffenfund bei Nazi-Razzien: NRW verbietet rechte Gruppen.“ Zufälligerweise war es anders herum. Erst wurde das Verbot erlassen und dann die Razzia durchgeführt. Dabei fand man bei einem von 120 Durchsuchten etwas, was eine Waffe sein könnte. (Experten prüfen zur Zeit, ob es sich überhaupt um eine schußfähige Waffe handelt.) Es wäre einmal interessant zu wissen, wie viele nicht angemeldete funktionsfähige Schußwaffen man denn so findet, wenn man beliebige 120 Wohnungen von Normalbürgern durchsucht. Kriminalexperten gehen davon aus, daß es in der BRD ungefähr eine Million illegale Schußwaffen gibt. Bei ca. 25 Millionen Haushaltungen in der BRD legt die Statistik nahe, daß man in dem Fall nicht nur eine finden würde, sondern gleich derer fünf! Und wie hoch der Anteil ist, wenn man die Wohnungen von beliebig ausgewählten 120 Türken oder Arabern durchsucht, ist noch eine völlig andere Frage. Allein aus kulturellen Gründen haben Menschen aus diesen Ländern zu Schußwaffen doch noch eine etwas intensivere Beziehung als unsere eingeborenen Landsleute.

Auch das mit den „Löchern im Netzwerk der Nazis“ könnte sich als der übliche Irrtum entpuppen. Vielleicht hat Herr Jäger noch nicht realisiert, daß Namen von Vereinen nun wirklich keine große Rolle spielen. Eine Rolle spielt stattdessen, daß immer mehr Menschen in diesem Land mit der Politik der SPD, für die Herr Jäger Innenminister ist, nicht mehr einverstanden sind. Und mit der der CDU und der CSU und der FDP und der Grünen und der Linken auch nicht mehr. Und daß diese immer mehr Leute einander kennen und rein kommunikativ miteinander vernetzt sind. So was ändert kein Vereinsverbot. Also reine Kosmetik und sonst nichts. Oder, um es noch deutlicher zu sagen: Ausdruck politischer Hilflosigkeit von Machthabern, die wissen, daß es im Volke gärt, und die Angst davor haben, daß aus diesem zur Zeit noch unterschwelligen Gärungsprozeß ein Massenphänomen werden könnte.

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