Der Bundesinnenminister Friedrichs appelliert an die angebliche, vermeintliche, mutmaßliche oder wie auch immer Terroristin Beate Zschäpe: Sie möge doch bitte, bitte, bitte ihr Schweigen brechen!

Nun gut, zugegeben, das mit dem servil-unterwürfigen dreifachen „bitte“ hat er nicht gesagt, das ist eine Erfindung von uns, um die ganze Sache ein wenig zu pointieren. Denn der Appell ist ein Beweis von geradezu peinlicher Hilflosigkeit. Da drückt der Mann die Hoffnung aus, „die Last der zahlreichen Indizien“ werde dazu führen, daß der Frau Zschäpe von ihren Anwälten geraten werde, zur Aufklärung der Mordtaten beizutragen, um das zu erwartende Strafmaß zu verringern.

Hallo?! Ist Herr Friedrichs ausweislich seines Profils nicht studierter Volljurist? Hat er als solcher nicht begriffen, daß die Anklage gegen Beate Zschäpe auf Mittäterschaft beim mehrfachen Mord lautet, nicht auf Mitwisserschaft oder „nur“ Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung oder so was? (Von einer schweren Brandstiftung sehen wir dabei mal völlig ab.)

Nein, Herr Friedrichs hat durchaus begriffen; mehr, als es auf den ersten Blick erscheint. Nämlich den Umstand, daß eine Vereinigung aus mindestens drei Personen bestehen muß; zwei reichen nicht. Und daß es trotz langjähriger häuslicher Gemeinschaft ausgesprochen schwer werden wird, Beate Zschäpe ohne eigenes Mittun von ihr nachzuweisen, daß sie überhaupt etwas von den angeblichen Taten des Duos Uwe und Uwe wußte.

Dabei spielt noch nicht einmal eine entscheidende Rolle, ob die beiden Toten wirklich vorher zehn Menschen (oder wie viele dieser zehn) getötet haben, bevor sie mehr oder minder von eigener Hand oder durch wen auch immer starben. Auch wenn nachgewiesen (oder zumindest glaubhaft gemacht) werden könnte, daß Uwe Böhnhard und Uwe Mundlos aus Rassenhaß neun Personen und aus politischem Frust und Revanche für erlebte Repression eine Polizistin ermordet hätten, wären zwei nun einmal keine terroristische oder sonstige Vereinigung; es wären zwei Einzeltäter. Das macht den für Herrn Friedrichs bedeutsamen Unterschied. In einem ähnlichen Sinne, wie uns ja Morde wie der an Andre Plum, an Johnny K. oder an Daniel Siefert immer als „Einzelfälle“ dargestellt werden. Einzelfälle, Einzeltäter…

Auf der einen Seite, wenn Deutsche durch Ausländer zu Tode kommen, möchte man eben „Einzelfälle“ haben; auf der anderen Seite, wenn serienweise Ausländer vermutlich durch Deutsche umgebracht werden, muß dahinter ein finsterer „Masterplan“ stecken, ideologisch begründet und damit ungleich viel gefährlicher als das tödliche Fehlverhalten einzelner, das man dann vielleicht mit einer unglücklichen Kindheit, sozialer Benachteiligung oder was auch immer entschuldigen kann.

Allerdings wird Herr Friedrichs wohl davon ausgehen müssen, daß sein Appell auf taube Ohren stößt. Wir wissen nicht, wie oft Beate Zschäpe den Fernseher benutzt hat, bevor sie sich im November 2011 der Polizei stellte. In den seither vergangenen fast anderthalb Jahren wird sie aber deutlich öfter mal „in die Glotze“ geschaut haben – die Möglichkeiten der Freizeitbeschäftigung in Untersuchungsgefängnissen sind bekanntlich ein wenig eingeschränkt. Denkbarerweise hat sie dabei eine Floskel gelernt, die man immer wieder in amerikanischen Kriminalfilmen zu hören bekommt: „Sie haben das Recht zu schweigen. Wenn Sie von diesem Recht keinen Gebrauch machen, kann und wird alles, was Sie sagen, gegen Sie verwandt werden.“

Nicht in strafrechtlichem, wohl aber in politischem Sinne gilt das übrigens auch für Innenminister Friedrichs. Der wohl besser daran getan hätte, die staatliche Hilflosigkeit nicht mit einem solchen Appell deutlich auszudrücken. Aber man kann es Herrn Friedrichs nicht verübeln. Wahrscheinlich hat er einfach weniger Zeit, sich amerikanische Kriminalfilme anzuschauen, als Frau Zschäpe….

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