Das Bundesverfassungsgericht als höchstes Gericht Deutschlans will sich Zeit nehmen. Zeit für die Anträge auf einstweilige Anordnung gegen den ESM, den Europäischen Stabilitätsmechanismus, die darauf abzielen, Bundespräsident Joachim Gauck die Unterzeichnung des Gesetzes zu untersagen.

Das Problem ist: Hat Herr Gauck erst einmal unterzeichnet, tritt das Gesetz in Kraft, und gestützt auf dieses Gesetz kann dann die Bundesregierung Verträge unterzeichnen, die völkerrrechtlich bindend sind. Wenn sich später bei gründlicher Überprüfung herausstellen sollte, daß damit gegen die Verfassung der BRD, das Grundgesetz, verstoßen wird, „wäre das Kind in den Brunnen gefallen“, wie der Volksmund sagt. Diplomaten und Juristen nennen so etwas in etwas gewundenerer Form auch ein „fait accompli“. Eine vollendete Tatsache, die nicht mehr rückgängig zu machen ist.

Die Kläger beziehungsweise Antragsteller – darunter eine frühere Bundesjustizministerin und der Abgeordnete Peter Gauweiler von der CSU, der als konservativer Querdenker bekannt geworden ist, und auch eine Gruppe von Professoren um die Herren Schachtschneider und Starbatty – wollen dieses „in den Brunnen Fallen“ verhindern.

Die Bundesregierung möchte das Projekt ESM und „Euro-Rettung“ durchpeitschen, koste es, was es wolle. Wobei diese Formulierung wirklich wörtlich zu nehmen ist.

Sie wollen daher das Verfassungsgericht unter Druck setzen. Es zu einer schnellen Vor-Entscheidung förmlich zwingen, in der Hoffnung, daß eine gründliche Prüfung der eigentlichen Entscheidung sich dann sowieso erledigt hat. Was würde denn die spätere Feststellung der Verfassungswidrigkeit des ESM nützen, wenn diese völkerrechtlich bindenden Verträge bereits unterzeichnet wären? Würden Frau Merkel und Herr Schäuble dann mit ihrem privaten Vermögen haften? Nein, würden sie nicht! Würde dann die Partei, die die beiden in Amt und Würden gebracht hat, als verfassungswidrig verboten und das Konrad-Adenauer-Haus zugunsten der Staatskasse versteigert? Nein, würden sie nicht!

Richter aber sind unabhängig. Das gilt per Gesetz sogar für den kleinsten Amtsrichter, und um so mehr für den höchsten Spruchkörper der Republik.

Das Verfassungsgericht erweist sich als letztes Bollwerk des Volkes gegen eine Regierung, die den Ausverkauf deutscher Interessen mit aller Macht vorantreibt. Es geht mit deutscher Gründlichkeit vor und mit juristischer Methodik. Es läßt sich nicht davon beeindrucken, daß irgendwelche fragwürdig qualifizierten Stimmen ihm vorwerfen, es sei gar nicht sachkompetent. Und es läßt sich genausowenig davon beeindrucken, daß Finanzminister Schäuble durch Experten ausrechnen lassen möchte, was jeder Tag weiterer Ungewißheit letztlich kosten könnte. Anders als Parlament und Regierung will sich das Gericht nicht zur Geisel der ominösen „Märkte“ machen lassen, jener „unverständlichen, gefräßigen Wesen“. Das Gericht hat Recht zu sprechen und die Verfassung zu hüten. Die steht über den Märkten. Wenn Regierung und die breite Mehrheit des Bundesparlaments das nicht einsehen, dann stellen sie sich damit ein Armutszeugnis aus.

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