Diese erstaunliche Erkenntnis erhalten wir auf indirektem Wege aus dem Bundesinnenministerium. Erstaunlich ist sie, weil bisher Extremismus (zumindest von rechts) und Fremdenfeindlichkeit gewissermaßen als Synonyme behandelt oder benutzt worden sind. Aber offenbar ist dem nicht so.

Das Bundesinnenministerium erwägt derzeit, Sportler, die in die Sportförderung möchten, ein Bekenntnis zur Demokratie ablegen zu lassen.

Die Vermutung, daß dies durch den Fall der Ruderin Nadja Drygalla ausgelöst worden ist, wird zurückgewisen: Dergleichen Überlegungen, hieß es im Ministerium, gäbe es bereits seit Ende 2011. Bisher habe man sich bei den zu fördernden Sportlern mit einem allgemeinen Bekenntnis zu sportpolitischen Grundsätzen begnügt. Zu diesen gehört unter anderem eine Absage an Fremdenfeindlichkeit.

Daraus also läßt sich schließen, daß ein Rechtsextremist nicht fremdenfeindlich sein muß. Schön zu wissen; unser Horizont ist damit wieder ein Stück erweitert.

Probematisch aber sei die Umsetzung einer solchen Demokratie-Klausel. So ist beispielsweise noch nicht geklärt, ob sie einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht darstellt. Wichtiger ist vielleicht die Frage, ob und wie sie überprüft werden kann.

Das ist in der Tat eine ebenso interessante wie brisante Frage.

Es hindert beispielsweise niemand ein NPD-Mitglied, sich zur Demokratie zu  bekennen. Steht irgendwo mehr oder minder so ja auch im Parteiprogramm der NPD. Vielleicht nicht gleich ganz vorn und im Fettdruck, aber irgendwo wird es schon stehen. Und selbst wenn es da nicht drin stünde – bestimmt steht nicht das Gegenteil davon drin! Daß die NPD die Demokratie bundesdeutschen Zuschnitts abschaffen und Holger Apfel oder seinen Nachfolger zum Führer wählen wolle, hat bisher noch kein ernstzunehmendes Mitglied oder kein Funktionsträger der NPD behauptet.

Also müßte noch ein bißchen „überprüft“ werden, damit diese Klausel nicht zu einem der vielen wertlosen Lippenbekenntnisse wird, an denen unsere heutige Zeit (ebenso wie die bundesdeutsche Demokratie) so überreich ist.

Also noch ein bißchen mehr schnüffeln!

Die Situation erinnert an einen bissigen Witz aus der Zeit kurz nach dem Kriegsende. Er lautet so: „Wer war im Dritten Reich die begehrteste Frau? – Die arische Großmutter! – Wer ist heute die begehrteste Frau? – Die jüdische Großmutter!“

Wie so etwas aussehen könnte, wird uns dieser Tage schon vorgemacht.

Es reicht natürlich nicht, daß die Sportlerin Drygalla sich für sich selbst vom politischen Gedankengut ihres Freundes distanziert. Immerhin ist er ja noch ihr Freund, und da muß dann halt ein wenig mehr „Überprüfungsarbeit“ betrieben werden. Freund Michael Fischer ist bereits Ende Mai – also gut zwei Monate vor Beginn der aktuellen Diskussion – aus der NPD ausgetreten, wie nicht nur er öffentlich bekundet, sondern auch die NPD bestätigt. Hat man eigentlich sein Austrittsschreiben bereits beschlagnahmt und einer kriminaltechnischen Untersuchung unterzogen, ob die Tinte darunter wirklich schon seit über zwei Monaten trocken ist oder vielleicht erst seit rund einer Woche?! Hat man bei ihm schon eine Hausdurchsuchung gemacht, um im Schreibprogramm seines Computers festzustellen, ob das Austrittsschreiben wirklich am angegebenen Datum verfaßt wurde oder möglicherweise rückdatiert worden ist? Hat man die Mitgliederkartei der NPD bereits beschlagnahmt, um feststellen zu können, daß Michael Fischer in ihr nicht mehr geführt wird? Bekommt er jetzt eine „elektronische Fußfessel“ verpaßt, damit man mittels eines perfekten Bewegungsprofils feststellen kann, daß er sich nicht an Orten herumtreibt, an denen man vielfach auch NPDler trifft – dem Schwerine Schloß, dem Sitz des Landtages, beispielsweise, dem Rostocker Rathaus, oder so? Oder begnügt man sich fahrlässigerweise damit, als wahr zu unterstellen, was Fischer und die NPD behaupten?

Man sieht also, in Sachen „Überprüfung“ sind eine Menge kreativer Ideen vorstellbar. Vielleicht sollte das Bundesinnenministerium nicht nur auf die Fachkompetenz seiner Beamten vertrauen, sondern öffentlich einen Ideenwettbewerb ausschreiben. Natürlich nur für ausgewiesene Demokraten, die belegen können, daß sie sich seit mindestens einem Jahrzehnt (alternativ seit mindestens dem 16. Lebensjahr, wenn sie jünger als 26 sind) täglich fünfmal zur Demokratie bekennen…

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